Die Zeit der Soldatenkaiser.
131
Geldgeschenke: so kam der Thron bisweilen an den Meistbietenden. Bisweilen
traten mehrere Kaiser zugleich auf, die einander bekämpften, bis einer übrig-
blieb. Auch an sonstigen inneren und äußeren Kriegen fehlte es nicht.
Weder gegen die Germanen noch in Asien konnten die Kaiser die Reichs-
grenzen behaupten. Die Parther, die alten Feinde der Römer, unter dem
Hanse der Sassaniden zu einem Neupersischen Reiche geeinigt (in dem
auch die Religion Zarathustras wieder auflebte), rissen römisches Gebiet
in Kleinasien an sich. In Syrien beherrschte die Königin Zenobia, eine
feingebildete, kluge Fran, ein eigenes Reich und dehnte ihre Herrschaft auch
über Ägypten und einen Teil Kleinasiens aus. Ihr Hof in dem reichen
Palmyra war eine Pflegstätte hellenistischer Bildung. Nach mehreren
vergeblichen Unternehmungen der Römer gegen sie besiegte sie der Kaiser
Aurelian und nahm sie gefangen. Palmyra mit seinen prachtvollen Tempeln
und Palästen ließ er dem Erdboden gleich machen und den größten Teil der
Einwohnerschaft niederhauen (272).
Unter den Kaisern waren manche tüchtige Leute, aber bei der Unsicher-
heit ihrer Stellung konnten sie wenig ausrichten. Zwar war die von
Augustus begründete Doppelherrschaft (Kaiser und Senat zusammen) schon
unter Tiberins in die kaiserliche Alleinherrschaft übergegangen, aber
ebensowenig wie sie sich auf die Heere verlassen konnten, die aus den ver-
schiedensten Elementen, zum großen Teil aus Germanen, bestanden, beherrschten
sie die Beamten. Unter kaiserlichen Beamten standen nicht nur die Provinzen
und ihre Bezirke, sondern auch die Gemeinden, die ihre frühere Selbstver-
waltung verloren hatten. Bei der großen Ausdehnung des Reiches war
eine strenge Überwachung der Beamten unmöglich, und überall stand das
persönliche und lokale Interesse höher als das Reichsinteresse. Auf der
Bevölkerung lasteten harte Steuern, aber die Steuerkraft nahm ab, denn
bei der Unsicherheit aller Verhältnisse stockte das wirtschaftliche Leben, und
der Wohlstand ging zurück. Dazu kam, daß die zunehmende Ehelosigkeit
und das mehrfache Auftreten der Pest in vielen Gegenden einen Rückgang
der Volkszahl verursachten, am stärksten in Italien.
In gleichem Verfall war das geistige Leben. Unter den Künsten be¬
hauptete sich nur die Baukunst auf ihrer alten Höhe, wie n. a. die Thermen
des Caracalla und des Diokletian und die Prachtbauten auf dem Römischen
Forum bezeugen.
Die heidnische Religion mit ihrer Kaiserverehrung und ihren morgen-
ländischen Götterdiensten konnte ernstere Gemüter nicht befriedigen. Viele
wandten sich dem Neuplatonismus zu, dem letzten System der griechischen
Philosophie, das damals in Alexandria, Athen und Rom gelehrt wurde.
Seine Vertreter wollten nicht durch Beweisführung, sondern durch unmittel-
bares geistiges Schauen (Mystik) die Gottheit erfassen. Noch mehr Anhänger
gewann das Christentum, das allen mühselig Beladenen die beste Er-
quickung bot.
9*