Full text: Das Altertum, das Mittelalter bis zu Karl dem Großen (Teil 1)

Die Zeit der Soldatenkaiser. 
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Geldgeschenke: so kam der Thron bisweilen an den Meistbietenden. Bisweilen 
traten mehrere Kaiser zugleich auf, die einander bekämpften, bis einer übrig- 
blieb. Auch an sonstigen inneren und äußeren Kriegen fehlte es nicht. 
Weder gegen die Germanen noch in Asien konnten die Kaiser die Reichs- 
grenzen behaupten. Die Parther, die alten Feinde der Römer, unter dem 
Hanse der Sassaniden zu einem Neupersischen Reiche geeinigt (in dem 
auch die Religion Zarathustras wieder auflebte), rissen römisches Gebiet 
in Kleinasien an sich. In Syrien beherrschte die Königin Zenobia, eine 
feingebildete, kluge Fran, ein eigenes Reich und dehnte ihre Herrschaft auch 
über Ägypten und einen Teil Kleinasiens aus. Ihr Hof in dem reichen 
Palmyra war eine Pflegstätte hellenistischer Bildung. Nach mehreren 
vergeblichen Unternehmungen der Römer gegen sie besiegte sie der Kaiser 
Aurelian und nahm sie gefangen. Palmyra mit seinen prachtvollen Tempeln 
und Palästen ließ er dem Erdboden gleich machen und den größten Teil der 
Einwohnerschaft niederhauen (272). 
Unter den Kaisern waren manche tüchtige Leute, aber bei der Unsicher- 
heit ihrer Stellung konnten sie wenig ausrichten. Zwar war die von 
Augustus begründete Doppelherrschaft (Kaiser und Senat zusammen) schon 
unter Tiberins in die kaiserliche Alleinherrschaft übergegangen, aber 
ebensowenig wie sie sich auf die Heere verlassen konnten, die aus den ver- 
schiedensten Elementen, zum großen Teil aus Germanen, bestanden, beherrschten 
sie die Beamten. Unter kaiserlichen Beamten standen nicht nur die Provinzen 
und ihre Bezirke, sondern auch die Gemeinden, die ihre frühere Selbstver- 
waltung verloren hatten. Bei der großen Ausdehnung des Reiches war 
eine strenge Überwachung der Beamten unmöglich, und überall stand das 
persönliche und lokale Interesse höher als das Reichsinteresse. Auf der 
Bevölkerung lasteten harte Steuern, aber die Steuerkraft nahm ab, denn 
bei der Unsicherheit aller Verhältnisse stockte das wirtschaftliche Leben, und 
der Wohlstand ging zurück. Dazu kam, daß die zunehmende Ehelosigkeit 
und das mehrfache Auftreten der Pest in vielen Gegenden einen Rückgang 
der Volkszahl verursachten, am stärksten in Italien. 
In gleichem Verfall war das geistige Leben. Unter den Künsten be¬ 
hauptete sich nur die Baukunst auf ihrer alten Höhe, wie n. a. die Thermen 
des Caracalla und des Diokletian und die Prachtbauten auf dem Römischen 
Forum bezeugen. 
Die heidnische Religion mit ihrer Kaiserverehrung und ihren morgen- 
ländischen Götterdiensten konnte ernstere Gemüter nicht befriedigen. Viele 
wandten sich dem Neuplatonismus zu, dem letzten System der griechischen 
Philosophie, das damals in Alexandria, Athen und Rom gelehrt wurde. 
Seine Vertreter wollten nicht durch Beweisführung, sondern durch unmittel- 
bares geistiges Schauen (Mystik) die Gottheit erfassen. Noch mehr Anhänger 
gewann das Christentum, das allen mühselig Beladenen die beste Er- 
quickung bot. 
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