Das Altertum.
Morgenländische Völker.
§ 3. Die Ägypter.
1. Das Land. (Buntkarte 1.) Ägypten liegt zwischen drei Erdteilen,
zwischen zwei Meeren, unb boch abgeschlossen; denn das schmale Talland,
nicht breiter als die Oberrheinische Tiefebene nnd nicht größer als die Rhein-
Provinz, wird ans beiden Seiten von Wüsten begrenzt. Obgleich der Regen
selten ist, war Ägypten doch eine „Kornkammer" der Alten Welt. Denn im
Juni, wenn im Hochlande von Habesch und Äquatorial-Sudan die Regen¬
zeit eingetreten ist, verwandelt der angeschwollene Strom, der viele erdige
Bestandteile mit sich führt, das Land in einen großen braunen See, und
bei seinem Rücktritt im Oktober hinterläßt das Wasser einen sehr fruchtbaren
Schlamm, der die reichsten Ernten hervorbringt. Kanäle leiteten im Altertum
das durch Schöpfanstalten gehobene Wasser auch in höhere Gegenden.
Das kleine Land hatte deshalb und hat jetzt noch eine dichte Bevölkerung
und viele bedeutende Städte.
2. Äußere Geschichte. In der ältesten geschichtlich beglaubigten Zeit,
gegen Ende des vierten Jahrtausends, finden wir schon ein einheitliches
Königreich. Die Residenz war bis in die Mitte des folgenden Jahrtausends
Memphis (dem späteren Kairo gegenüber), von da an das „hunderttorige"
Theben (in Oberägypten). Um 2000 kam Ägypten unter die Fremdherr-
schast der Hyksos, eines semitischen Hirtenvolkes, das von Nordosten
erobernd eindrang, und dessen Könige dann vom Nildelta aus das Land re¬
gierten. Um 1600 gelang von Theben aus die Befreiung, und die Hyksos
wurden nach Syrien zurückgedrängt. Nun folgte eine Zeit des Aufschwungs,
in der die Könige siegreiche Kriegszüge nach Syrien und Nubien unter-
nahmen und die Abgaben der unterworfenen Völkerschaften den Wohlstand
erhöhten. Besonders Ramses der Große im 14. Jahrhundert tat sich
durch glückliche Feldzüge und nicht minder durch die Menge und Größe
seiner Bauwerke hervor. Unter seinen schwächeren Nachfolgern sank die
Macht Ägyptens allmählich, und im 7. Jahrhundert wurde es auf kurze Zeit
ein Teil des Assyrischen Reiches. Die Könige der folgenden Zeit begünstigten
die Verbindung mit Griechen und Phöniziern, und namentlich Griechen
ließen sich in großer Anzahl im Deltagebiet nieder. Die wohltätigen Folgen
zeigten sich unter der Regierung des Amasis, eines Freundes des Polykrates
von Samos, in blühendem Wohlstand. In dieser Zeit wurde Sais im Nil-
delta die Hauptstadt. Der folgende König aber verlor sein Reich 525 an
525. die Perser, und seitdem war es eine Provinz des Persischen Weltreiches.
3. Staatliche und gesellschaftliche Zustände. Schon bei Beginn der
ägyptischen Geschichte hatte die Kultur des Volkes eine hohe Stufe erreicht,
und ihre Entwicklung war nahezu abgeschlossen. Der König oder Pharao