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Die Griechen.
Einen bedeutsamen Fortschritt machten die Eleaten (genannt nach der
StadtElea in Lukanien) durch die Lehre, daß die wechselnden Erscheinungen nicht
das wahre Wesen der Dinge erkennen lassen, daß dem Schein ein Bleibendes,
ein „Sein", zugrunde liege. „Nur das Seiende ist." Dem eleu tischen Sein
gegenüber betonte Heraklit aus Ephesus das Werden. Das Wesen alles
Seins ist die Bewegung: „Alles fließt." Zwischen diesen beiden Anschauungen
suchte Empedökles aus Agrigeut zu vermitteln. Er nahm vier bleibende,
unveränderliche Grundstoffe an, Feuer, Wasser, Luft und Erde, aus denen
durch Liebe und Streit (Anziehung und Abstoßung) die Welt des Wechsels
und der Gegensätze, in der wir leben, geworden sei. Dagegen hielt Demokrit
aus Abdera eine unendliche Menge von „unteilbaren" Stoffteilchen, die
Atome, für das Seiende.
Die Reihe der älteren Philosophen wird abgeschlossen durch Anaxa-
göras, der, um 500 im kleinasiatischen Jonien geboren, die Philosophie
nach Athen Verpflanzte. Er suchte eine wesentlich andere Lösung des Pro-
blems als seine Vorgänger, indem er der Materie einen denkenden Welt-
geist gegenüberstellte. „Alle Dinge waren beisammen, unendlich an Menge
und Kleinheit; da kam der Nüs (der denkende Geist, die Vernunft) hinzu
und ordnete sie."
Wie ist es zu erklären, daß Dichtkunst und Wissenschaft nicht im Mutterlande,
sondern in den kleinasiatischen Kolonien zuerst ausblühten?