Full text: Geschichte des Altertums (Teil 3)

§ 39, Die Gracchischen Unruhen, 123 
IV. Die Bürgerkriege. 
Bis zur Aufrichtung der Alleinherrschaft (138—31). 
§ 39. Die Gracchischen Unruhen. 
1. Tie inneren Notstände. Der gewaltigen Macht und dem großen 
Reichtum des römischen Staates entsprachen aber die Zustände im Innern 
keineswegs. Diese waren recht unbefriedigend geworden. Nach der im 
Jahre 300 durchgesetzten Gleichstellung der Stände wäre anzunehmen 
gewesen, daß nun die tüchtigsten Männer beider Stände, die das Ver- 
trauen des Volkes besaßen, die Regierung führten und Recht sprachen. 
Dem war aber nicht so. Denn da die höheren Beamten keine Gehälter 
bezogen und es Sitte geworden war, daß die Adilen von ihrem Vermögen 
sehr große Summen zur Feier der öffentlichen Spiele verwandten, konnten 
sich die minder Begüterten dem Staatsdienste nur in seltenen Fällen 
widmen. Einige wenige, sehr reiche Familien kamen gleichsam in den 
Besitz der Ämter. Jeden, der nicht zu ihnen gehörte, hielten sie möglichst 
fern, und gelang es einem, zu ihnen emporzusteigen, so sahen sie ihn als 
Emporkömmling mit mißgünstigen Augen an. So besaß Rom einen 
Amtsadel (nobilitas). Aus demselben wurden die Geschworenen ge- 
nommen, welche ihre Standesgenossen, die sich als Verwalter einer Provinz 
durch. Erpressungen fremdes Gut angeeignet hatten, häufig freisprachen. 
Ferner war der Bauernstand sehr zurückgekommen. Im zweiten 
finnischen Kriege waren viele Landwirte verarmt und mit Schulden 
überhäuft. Sie hatten Hof und Gut verlassen müssen und waren Tage- 
löhner geworden oder nach Rom gegangen, wo sie sich dem besitzlosen Volk 
zugesellten, ohne Aussicht zu haben, es jemals wieder zu etwas zu bringen. 
Der Senat ließ das Land der unterworfenen Gemeinden nnverteilt liegen 
und die Grundbesitzer nahmen lieber unfreie Knechte in Dienst, weil deren 
Arbeit billiger war. Diejenigen Bauern aber, die ihr Besitztum noch be- 
haupteten, konnten sehr oft ihr Korn nicht verkaufen, weil der Staat 
viel billigeres aus Sizilien und Afrika nach der Hauptstadt bringen ließ. 
Auch dadurch wurden viele genötigt, ihren Besitz zu verkaufen. Die frei- 
gewordenen Bauernstellen erwarben reiche Leute zu ihren Besitzungen hin- 
zu; dadurch entstand ein umfangreicher Großgrundbesitz, und da manche 
Leute nicht einmal die geliehenen Geldsummen zurückgeben konnten, gerieten 
sie nach dem geltenden harten Schuldrecht in Knechtschaft. Für die Groß- 
gruudbesitzer und Gewerbetreibenden wurden viele Sklaven eingeführt. 
Infolgedessen gärte es sehr unter den Kleinbürgern und Bauern. Dazu 
waren die Bundesgenossen verdrossen, weil sie noch immer nicht das 
römische Bürgerrecht besaßen; Gut und Blut hatten sie gemeinsam mit 
den Römern darangesetzt, den Staat groß zu machen, und hatten doch 
keinen Vorteil davon gehabt.
	        
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