Full text: Geschichte des Altertums (Teil 3)

176 
Anhang. 
Hinfliegen an den Himmel, 
Über der Erd' voll Blut und Wunden 
Die Seelen derer, die bös, 
Im unabläss'gen Joch schwerer Pein. 
Aber der Frommen Seelen, 
Im Himmel heimisch, 
Lobsingen da dem seligen Herrn 
Lauten Lobgesang. 
II. Die drei großen tragischen Dichter Äschylos, Sophokles 
und Gurixides. 
{In seiner „Die Orestie" genannten Trilogie verarbeitet Äschylos (f. S. 69; 
s- Schilderung der Schlacht bei Salamis aus den Persern) den Sagenkreis, der sich an 
die Person Agamemnons anschließt. jDieser Held hat seine eigene Tochter geopfert 
und dadurch die Gattin Klytämnestra zur Rächerin der verletzten Familie aufgerufen. 
IZie ermordet ihren Gemahl. (J)a§ ist die erste Tragödie. jjfn der zweiten rächt Aga- 
memnons Sohn Orestes den Gattenmord, indem er die Mutter tötet, [Das ist das 
zweite Glied der Trilogie. jjjn dem dritten Stück übernehmen die Eumeniden, die 
Rachegeister, die Führung der Handlung, bis schließlich Athene, die Göttin der Weisheit, 
das ausgleichende Wort der Gerechtigkeit und der Versöhnung spricht. 
Den Inhalt des zweiten Teils der „Orestie", die Ermordung der Mutter durch 
den Sohn, finden wir bei allen drei Tragikern. „Äschylos läßt nur die Wucht der Er- 
eignisse wirken. Sophokles (S. 69) sucht nach einem Helden; er erkennt, daß Orestes 
als das bloße Werkzeug der Gottheit dazu nicht geschaffen ist. Darum rückt er 
Elektro, die Schwester Orestes, in den Vordergrund, damit sie ihn zur Tat entflammt. 
Er zeigt, wie zerstörend und verhärtend die Tat der Klytämnestra auf eine großangelegte 
Frauenseele einwirkt. Täglich erneuert sich ihr Schmerz um den ruchlos ermordeten 
Vater, täglich muß sie Mißhandlungen und Schmähreden über sich ergehen lassen. An 
ihrer Schwester Ehrysothemis, die sich in weiblicher Schwäche der Macht der Verhält- 
nisse beugt, findet sie keine Helferin; ihre einzige Hoffnung ist Orestes, den sie einst ge- 
rettet hat, daß er des Vaters Rächer werde. Um so furchtbarer trifft sie die Nachricht 
von seinem Tode. Wie ein Unfall beim Wagenrennen seine Jugendkrast vernichtet 
habe, erzählt der alte Pädagoge so lebensvoll, daß auch der Hörer auf einen Augen- 
blick vergißt, daß alles erdichtet ist. Ihr Entschluß steht fest, nun selbst die Rache aus- 
zuführen. Jetzt erst tritt Orestes vor sie hin als Überbringer der Urne mit feiner 
eigenen Asche, und während er neben ihr steht, hält sie ihm eine rührende Totenklage, 
die sich in überströmende Freude verwandelt, als er sich zu erkennen gibt. Nach dieser 
Szene, die an ergreifender Wirkung kaum ihresgleichen hat, vermag die Rachetot selbst 
keine Steigerung mehr zu erzielen. Das Problem der Reue und Entsühnung des 
Orestes hat Sophokles, indem er den trilogischen Zusammenhang löste, ganz ausge- 
schaltet. So hat er, die Motive des Äschylos mit leiser Hand umbildend, etwas 
völlig Neues geschaffen. 
Anders ist es mit der Elektro des Euripides (S.69), der es sich nicht versagen kann 
seine Vorgänger versteckt und offen zu kritisieren. Sein Stück spielt nicht vor dem 
Königspalast in Mykene, sondern vor der Hütte des biedern Bauern, mit dem Elektro 
sich hat vermählen müssen. Sie selbst zeigt von der Größe der Sophokleischen Gestalt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.