Full text: Geschichte des Altertums (Teil 3)

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Dogmen war der Orden nur insofern den Regierungen gefährlich, als 
er eine casuistische Moral predigte und sich von dem Grundsätze leiten 
ließ, der Zweck heilige die Mittel. Die Jesuiten waren aber eine für 
die Regierungen gefährliche Macht geworden; sie hatten eine säst unbe¬ 
grenzte Gewalt über die Seelen der Menschen erlangt; sie bildeten 
einen Staat im Staate und dienten bloß ihrem General und dem 
Papste. Der Orden war auch eine gefährliche Geldmacht geworden, 
welche durch große Handelsunternehmungen in Amerika und in Europa 
alle bedeutenderen Geschäfte der Privatleute an sich zu bringen suchte. 
Der Jesuiten-Orden war ein über die ganze Erde verbreiteter ge¬ 
heimer Bund, welcher die Religion und die Hierarchie des Mittelalters 
zu erhalten und jeden Fortschritt der Menschheit zu hemmen suchte. Ec 
hatte in allen Klassen und Ständen Mitglieder, beherrschte durch die 
Beichtstühle die Fürsten und den Adel und kam so in den Besitz aller 
Geheimnisse. Zur Erreichung seiner Zwecke standen ihm die ausgedehn¬ 
testen Geldmittel zu Gebote. Ec konnte in alle Kreise und Verhältnisse 
des Lebens eingreifen, übte nicht nur auf alle katholischen Lehranstalten 
einen großen Einfluß, sondern besaß auch selbst überall Schulen für 
die gebildete Klasse, in welchen der Unterricht nur von Mitgliedern des 
Ordens ertheilt wurde. Aller fähigeren Köpfe bemächtigte sich der Or¬ 
den und bildete sie zu Sophisten, damit sie seinen Zwecken dienen könn¬ 
ten; die beschränkten Schüler dagegen überließ er dem Staate zu dessen 
Geschäften. 
Der erste Angriff aus die Jesuiten wurde dadurch hervorgerufen, 
daß diese ihre geistliche Stellung zur Gründung einer weltlichen Macht 
und zur Erwerbung großer Reichthümer mißbraucht hatten. Obgleich durch 
eine päpstliche Bulle den Jesuiten Handel und Gewerbe und jede welt¬ 
liche Herrschaft über neubekehrte Völker untersagt worden waren, trieb 
der Orden doch großartige Geldgeschäfte'und gründete in Südamerika 
einen besonderen Staat. Dieser entstand aus den Missionen, welche der 
Jesuiten-Orden sowohl im spanischen als im portugiesischen Paraguay 
errichtet hatte. Ec umfaßte einen ausgedehnten Strich Landes, und die 
Jesuiten hatten sich die alleinige Regierung in demselben verschafft. Die 
Jesuiten, welche den einzelnen Bezirken vorstanden, sorgten für die 
Bedürfnisse der Indianer, leiteten und lenkten das ganze Leben derselben 
und richteten alles so ein, daß die Unterthanen glücklich, aber gedanken¬ 
los dahin lebten. Was die Indianer durch ihren Fleiß erwarben, kam 
mit Abzug des zu ihrem Unterhalt Nöthigen in die Magazine der Je- 
suiten. Auf diese Weise erwarb der Orden bedeutende Schätze. Auch 
im übrigen spanischen und portugiesischen Amerika wußte der Orden 
seine Einkünfte zu vermehren. 
Als in Folge eines Vertrags zwischen Spanien und Portugal 
(1750) ganz Paraguay an Portugal abgetreten und die Eingebornen 
in andere Gegenden versetzt werden sollten, fügten sich die Indianer 
laicht, und es kam zum förmlichen Krieg. Dieser endigte 1755 damit, 
daß das Land zur Einöde gemacht wurde. Die armen Jesuiten-Zög¬ 
linge, welche der Krieg nicht hingerafft hatte, wurden als Sklaven in 
andere Gegenden geschleppt, oder flohen in die Gebirge und Urwälder 
zurück, aus denen die Jesuiten sie geholt halten. Der Staat der Je¬ 
suiten in Amerika gestattete zwar keine selbständige Enwickelung der
	        
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