1. Die ersten zehn Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern. 119
die älteste, Maria Eleonore, sich mit dem Herzoge Albrecht Friedrich
von Preußen vermählte, wurde ausdrücklich festgesetzt, daß im Falle des
unbeerbten Hinscheidens ihres Bruders die Besitzungen ihres Hauses an
sie oder ihre Nachkommenschaft fallen sollten. Die jüngeren Schwestern
leisteten bei ihrer Vermählung feierlich Verzicht. Der unglückliche Johann
Wilhelm, der seinem Vater wirklich in der Regierung gefolgt war, starb
1609. Nach klarem Recht hätte nun Anna, die Gemahlin des Kur¬
fürsten Johann Sigismund von Brandenburg, als älteste Tochter jener
preußischen Herzogin Maria Eleonore die Erbschaft ungeschmälert erhalten
müssen. Maria Eleonore war nämlich zum Unglück für die Sache ihrer
Tochter einige Monate vor ihrem Bruder gestorben. Diesen durchaus
belanglosen Umstand machte sich der Pfalzgraf von Neuburg, der
Gemahl Annas, der zweiten Schwester des Erblassers, zu nutze. Er
behauptete, daß mit dem Tode der ältesten Schwester auch deren Erbrecht
erloschen und auf seinen Sohn Wolsgang Wilhelm als direkten
männlichen Nachkommen der zweiten Schwester des Erblassers über¬
gegangen sei. Noch eine ganze Anzahl weiterer Bewerber um die reiche
Erbschaft fand sich. Schließlich wollte Kaiser Rudolf II. die Länder bis
zur Entscheidung des Erbstreits in Verwahrung nehmen. Nicht ohne
Grund fürchteten die beiden Hanptbewerber, Brandenburg und Pfalz-
Neuburg, der Kaiser werde, wenn er erst im Lande festen Fuß gefaßt
habe, auch Mittel und Wege finden, es dauernd zu behalten. In richtiger
Erkenntnis der Sachlage vertrugen sie sich deshalb 1609 zu Dortmund.
Sie wollten die Erbschaft gemeinschaftlich vermalten und verteidigen.
Aber es entstand unter den beiden besitzenden Fürsten bald Uneinigkeit.
Ein Plan, diese durch eine Vermählung des jungen Prinzen von Neuburg
mit einer Tochter des Kurfürsten zu heben, scheiterte und verschärfte nur
die Gegensätze. Wolfgang Wilhelm beanspruchte nämlich in einer Zu¬
sammenkunft mit feinem zukünftigen Schwiegervater als Mitgift die Auf¬
gabe der brandenbnrgischen Erbansprüche. Darüber kam es zu heftigen
Streitigkeiten, infolge deren der Prinz plötzlich abreiste. Er trat zur
katholischen Kirche über und vermählte sich mit der Schwester des Herzogs
von Bayern. So glaubte er der Hilfe des letzteren und der in den
Niederlanden stehenden Spanier sicher zu sein. Zur selben Zeit (1613)
vertauschte Johann Sigismund sein bisheriges lutherisches Bekenntnis
mit dem der Reformierten. Dieser Konfessionswechsel erregte zwar
in Brandenburg viel böses Blut, erschwerte auch die Stellung in Ost¬
preußen, machte aber die Niederlande zur Hilfe willig und gewann dem
Kurfürsten viel Anhang in den umstrittenen Ländern, wo sein Bekenntnis
vorherrschte. Als nun spanische Truppen in Jülich einrückten, besetzten
die Holländer Cleve. Der Krieg schien unvermeidlich. Da ward (1614) 1614
der Teilungsvertrag zu Xanten geschlossen. Durch ihn wurde das Erbe