238 Aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte.
deutschen Untertanen gebührte. Nachdem er noch Gesandter in Petersburg
und Botschafter in Paris gewesen war, wurde er 1862 zum Minister¬
präsidenten und Minister des Auswärtigen berufen. Er vertrat die
Heeresreorganisation vor dem Abgeordnetenhause und leitete die Geschäfte
während der schwierigen Zeit des Konflikts. Jedoch suchte er nach dem
Prager Frieden die nachträgliche Genehmigung für die gemachten Ausgaben
nach und erhielt sie. Daß die Kriegserfolge Preußens zu bedeutenden Ver¬
größerungen seines Staatsgebiets und zur Schöpfung des Deutschen Reiches
führten, ist zum großen Teil dem diplomatischen Geschick Bismarcks zu ver¬
danken. Er wurde durch den Gang der Ereignisse Bundeskanzler und später
Reichskanzler. Der König ehrte ihn bereits nach dem Gasteiner Vertrag
durch die Erhebung in den Grafenstand und am Tage der Eröffnung des
ersten Deutschen Reichstages durch den Fürstentitel. Auch um die Wahrung
des durch harte Kämpfe errungenen Friedens machte sich Bismarck verdient.
Er schloß im Aufträge seines kaiserlichen Herrn mit Österreich-Ungarn ein
Verteidigungsbündnis gegen feindliche Angriffe und gewann auch Italien für
dasselbe (Dreibund). 1890 trat der greise Staatsmann ins Privatleben
zurück und wurde bei dieser Gelegenheit zum Herzog von Lauenburg erhoben.
Seither lebte er auf seinem Gute Friedrichs ruh bei Hamburg, das Kaiser-
Wilhelm I. ihm 1871 geschenkt hat. 1898 starb er daselbst.
10. Friedrich III. (1888.)
Jugendzeit. Kaiser Friedrich III. führte vor seinem Regierungs¬
antritt die Namen Friedrich Wilhelm. Der 18. Oktober 1831 ist sein
Geburtstag. Sowohl in der königlichen Familie als auch beim Volke
erregte die Geburt des Prinzen eine um so größere Freude, als er infolge
der Kinderlosigkeit des damaligen Kronprinzen berufen war, dereinst die
Krone zu tragen. Der Unterricht auserlesener Lehrer pflegte seine glück¬
lichen Geistesanlagen. Mit vollendetem zehnten Lebensjahre wurde er
als Gardeoffizier ins Heer eingereiht, ohne daß jedoch hierdurch seine
wissenschaftliche Ausbildung unterbrochen ward. Wohl vorbereitet bezog
er die Universität Bonn, wo er durch drei Jahre dem Studium der
Rechts- und Staatswissenschaften und der Geschichte oblag. Nach Verlauf
der Universitätsjahre widmete er sich dem Militärdienst und unternahm
auch große Reisen.
Familienleben. Im Jahre 1858 vermählte sich Friedrich Wilhelm
mit der Prinzessin Viktoria, der ältesten Tochter der Königin von
England. Der glücklichen Ehe entsprossen vier Söhne: Wilhelm,
Heinrich und zwei im Kindesalter verstorbene Prinzen, sowie vier
Töchter: Charlotte, jetzt Gemahlin des Erbprinzen von Sachsen-
Meiningen, Viktoria, vermählt mit dem Prinzen Adolf von Schaumburg-
Lippe, Sophie, Kronprinzessin von Griechenland, und Margarete,
Gemahlin des Prinzen Friedrich Karl von Hessen. Friedrich Wilhelm
suchte und fand sein Lebensglück im Kreise seiner Familie und nüchstdem