Full text: Unsere Kaiser und ihr Haus

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den Fortbesitz ihres Eigentums und aller durch die Revolutionen errunge- 
nen Freiheiten, den Soldaten neuen Kriegsruhm und dem Volke eine 
freie Verfassung gelobte, gewann er sich schnell die Herzen der Franzosen. 
Von allen Seiten strömten ihm die alten Krieger zu, um aufs neue unter 
seinen Adlern, mit der Trikolore geschmückt, zu kämpfen. 
Die von Ludwig dem XVIII. ihm entgegengesandten Heere gingen 
zu ihm über; da entwich Ludwig XVIII. schleunigst und begab sich nach 
Gent. Es war auch hohe Zeit gewesen; denn schon am 20. März hielt 
Napoleon seinen glänzenden Einzug in Paris, hier wie überall aus seinem 
Zuge enthusiastisch begrüßt. 
Hätte er sich auf die Freiheitsideen der Revolutionszeit und die 
Freiheitsmänner gestützt, so würde das neue Kaiserreich vielleicht Bestand 
gehabt haben: allein Napoleon wies Männer wie Carnot. Lasayette, schnöde 
ab und gründete ein konstitutionelles Kaisertum. Fortan war sein Anhang 
nur im niederen Volke beträchtlich (sowie im Heere). 
Den Verbündeten ließ Napoleon melden ^ daß er nur den Thron 
in Frankreich zurückerobern und den Pariser Frieden respektieren wolle; 
allein die Verbündeten erklärten ihn sogleich „als Feind und Störer der 
Ruhe der Welt" in die Acht, vereinigten sich schnell und rüsteten zum 
neuen Kriege gegen ihn. 
Ehe alle Heere aus dem Kriegsschauplatz erschienen, wurde der Krieg 
in drei Tagen in Belgien entschieden: durch den tapferen Engländer, den 
Herzog Wellington, und Blücher, welche zusammen gegen 200000 Mann 
befehligten, gegen die Napoleon mit 125 000 anrückte; bei Ligny und 
Waterloo oder Belle-Allianee, Mich von Brüssel, trafen die Gegner auf- 
einander. Napoleon hatte sich den kühnen Plan gemacht, die Vereinigung 
der beiden Heere der Verbündeten zu verhindern und die einzelnen Heer- 
Haufen durch Ubermacht zu vernichten. Dieser Plan schien ihm um so 
eher ausführbar, da die Heeresteile der Gegner sehr verzettelt waren, z. B. 
standen die Regimenter Blüchers über 10 Meilen auseinander und Bülow 
war mit fein Truppen noch weit zurück. 
Auf Blücher, welcher bei Ligny stand, hatte es Napoleon zuerst ab- 
gesehen; nur im Vertrauen aus 30000 Mann Hilssmannschasten, von 
Wellington fest zugesagt, nahm der greise Feldherr mit seiner Minderzahl 
den Kampf gegen den großen Gegner auf. Als diefe Hilfe nicht erschien, 
vermochten die Preußen, so tapser und hartnäckig sie auch stritten, sich zu- 
letzt nicht zu halten, als Napoleon mit der alten Garde und einem ge- 
waltigen Reiterhaufen zum Gewalt- und Massenangriff schritt; nach hart- 
nackigem, blutigem Widerstande räumten sie am Abend das Schlachtfeld. 
Der greife Blücher felbst geriet in die höchste Lebensgefahr, als 
sein Pferd stürzte und er unter demselben halb betäubt und hilflos dalag. 
„Graf Rositz, nun bin ich verloren!" rief er seinem Adjutanten zu; doch 
dieser hielt mit gezücktem Säbel getreulich Wache neben ihm. Hin und her 
sprengten preußische und französische Reiter, ohne daß sie Blücher erkannten; 
der Herr der Heerscharen hielt schützend seine Hand über ihn, damit er bald 
darnach durch einen herrlichen Sieg die schwer errungene Freiheit besiegeln 
konnte. Endlich gelang es Nostiz, preußische Reiter anzuhalten; mit ihrer
	        
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