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begeistert, in seine Heimat zurück und nahte sich auch dem Statthalter.
Dieser hielt ihn für sehr unbedeutend und verspottete ihn oftmals als
„Deutscher Bär"; doch der Bär sollte ihn erdrücken! Seine freundliche
Gesinnung gegen Varns war nur eine Maske; im Herzen hegte er töt-
liehen Haß gegen den Bedrücker seines Volkes.
Da er wußte, daß sein Volk noch nicht einen offenen Kampf gegen die
kriegsgeübten Römer bestehen konnte, beschloß er, die Feinde durch ihre eige¬
nen Künste zu verderben. Er schürte bei den Cheruskern und den angrenzen-
den Stämmen die Flammen der Unzufriedenheit mit dem drückenden Joche,
indem er auf den Schimpf hinwies und die feige Unterwürfigkeit tadelte,
den Schüchternen Mut einflößte und die Mutigen zum kühnen Befreiungs¬
kämpfe anfeuerte. Zuerst weihte er wenige, bald mehrere in seine Pläne
ein und überzeugte diese, daß es möglich sei, die Römer zu überwältigen.
So entstand unter seiner Führung eine Verschwörung, ein Bund von Un-
zufriedenen und Freiheitsdurstigen, zur Vertreibung des Nationalfeindes,
vornehmlich aus den Stämmen der Cherusker, Chatten und Brukterer. —
Anfangs September des Jahres 9 nach Chr. erregte der Bund in
einer entfernten Gegend einen Aufstand. Varus zog auf die Kunde davon
mit feinem ganzen Heere dahin, um denselben zn dämpfen. Vergebens
suchte ihm Segest, ein anderer Stammesfürst der Cherusker, der auf Ar-
min höchst erbittert war, weil dieser ihm seine Tochter Thusnelda ent-
führt hatte, Mißtrauen gegen Armin einzuflößen. „Schon trat das Wal-
tmde Schicksal der menschlichen Überlegung in den Weg; schon hatte es
Varus geistiges Auge geblendet." —
5. Schlacht im Teutoburger Walde.
Als er nun unbesorgt die sumpfigen, waldigen Bezirke in der Nähe
des Teutoburger Waldes durchzog, wurde er plötzlich von den ergrimmten
Verschworenen überfallen, die unter dem Vorwande, Bundesgenossen zu
werben, zurückgeblieben waren.*)
Das römische Heer steckte bereits in Waldungen, aus denen kaum
ein Ausweg zu finden war. Zudem führte es viele Wagen und Lastthiere,
sogar nicht wenige Weiber und Kinder und einen zahlreichen Troß mit
sich. Anhaltender Regen und starker Wind hemmte das Vorwärtskommen
und brachte das Heer in Unordnung. Während die Römer sich so in
hülfloser Lage befanden, umzingelten die Germanen sie plötzlich von allen
Seiten. Anfangs schleuderten sie von weitem Geschosse, danach aber, als sich
keiner wehrte und viele Römer schon verwundet waren, rückten sie näher
heran. Da sie vereinzelt marschierten, litten bie Römer viel, ohne es ver¬
gelten zu können. Als sich ihnen ein passender Platz zeigte, schlugen sie
eilends ein Lager aus.
Am anderen Tage zogen sie in besserer Ordnung weiter; doch als
sie auss neue in unwegsame Waldungen gerieten, kamen sie in große Not,
ein großer Teil des Heeres wurde vernichtet. Der Rest der drei Legionen
bezog am Abend ein dürftig befestigtes Lager. Armin verhinderte es
*) Cassius Dio, 56. Buch, K. 19-22.