96 Zweiter Zeitraum. Deutsche Geschichte und sächsische Landesgeschichte usw.
ein „Gelübde" ableaen. wonach er die Kirche schützen, seinem Lehnsherrn „treu,
hold und gewärtig" sein, Witwen und Waisen schirmen, die Stauen ehren und
alles Unrecht meiden wollte. Ein Turnier beschloß in der Regel das Fest.
4. Ritterliche Waffenspiele.
Man unterschied drei Arten von Waffenspielen: Buhurd, Tjoste und
Turnier. Oer Buhurd war ein großes Reiterspiel- die Ritter trugen keine
Rüstung, sondern nur Schild und Speer, und es kam ihnen nur darauf an, heftig
gegeneinander anzurennen und den Stoß so auf den Schild des Gegners zu führen,
daß der Schaft zerbrach. Die Tjoste war ein Zweikampf zwischen zwei einzelnen
gerüsteten Rittern mit der Lanze. 3m Turnier, dem eigentlichen Kriegsspiel,
ritt Schar gegen Schar. Es fand daher auf einem freien, ebenen, abgesteckten
Platze statt. Zum Turnier wurde wenigstens drei Ivochen vorher durch Knappen
eingeladen. Preisrichter prüften alle, die kamen, nach der Güte ihrer Rüstung
und nach ihrer Ritterbürtigkeit. Auf den am Festplatze errichteten Tribünen
nahmen die alten Ritter, die Richter und Frauen Platz. Keilförmig stellten sich die
beiden Abteilungen auf; jede suchte die andere in heftigem Anritt zu durch¬
brechen. Preisverteilungen an die Sieger kamen erst im 13. Jahrhundert auf.
Anfangs kämpfte man mit Lanzen, die stumpfe Kronen trugen. Später aber
gebrauchten die Ritter auch im Turniere scharfe Speere, so daß zuweilen viele
dabei den Tod fanden. Daher verbot die Kirche die scharfen Rennen und ver¬
weigerte jedem, der in einem solchen fiel, ein kirchliches Begräbnis. Freilich blieb
ihre Maßregel meist ohne Wirkung.
§32. Die Ureuzzüge.
1. Vorgeschichte der Nreuzzüge.
Palästina mit Jerusalem mar schon seit dem Jahre 636 im Besitz der
Mohammedaner. 1070 eroberte der kriegerische, kulturfeindliche Stamm der
Seldschukken das Land, verjagte die christlichen Priester, zerstörte die Kirchen
und hinderte die seit ältester Zeit üblichen Wallfahrten nach Jerusalem, im
besonderen nach der dortigen, von Konstantins des Großen Mutter Helena er-
bauten Kirche zum heiligen Grabe.
Um dieselbe Zeit lagen das byzantinische Reich in Kleinasien, die christ¬
lichen suebisch-westgotischen Staaten in Spanien und die handeltreibenden
Genuesen und Pisaner in einem unausgesetzten Kampfe mit dem Islam,
der weniger aus religiösen, als aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen
geführt wurde und der Einheitlichkeit entbehrte. Erst Papst Gregor VII.
machte die Bekämpfung der „Ungläubigen" zu einer kirchlich-päpstlichen
Angelegenheit. Papst Urban II. griff gegen Ende des 11. Jahrhunderts
diesen Gedanken auf. Er beschloß, ein großes christliches Heer zur Eroberung
des heiligen Landes auszusenden. Auch ihn leiteten nicht nur religiöse Be¬
weggründe, sondern vor allem auch politische. Er wollte die Erregung, in die