Full text: Deutsche Geschichte und sächsische Landesgeschichte bis zum Beginn der Reformation (Teil 1)

§ II. Karl Martell. Pippin der Kurze ZZ 
haar. Ein Speer, eine heerfahne und der Hochsitz (Thron) waren die anderen 
Wahrzeichen seiner Würde. (Eine Hauptstadt des Reiches gab es nicht; der König 
hielt abwechselnd auf seinen „Pfalzen" Hof. Seine Macht war weit größer als in 
frühgermanischer Zeit. Die Regierung lag nicht mehr bei der Volksversammlung, 
sondern bei ihm. Nur einmal im Jahre, im März, später im Mai, kamen alle freien 
Männer bei der jeweiligen Residenz zusammen („Märzfeld", „Maifeld"). Diese 
Versammlung hatte zwar noch das Recht der Entscheidung über Krieg und frie¬ 
den, machte aber nur in seltenen Süllen davon Gebrauch. So war der König ein 
fast unbeschränkter Herrscher. Er war oberster Gerichtsherr, alleiniger Gesetzgeber 
und Führer des Heeres. Ihm gehörten unermeßliche Güter. Denn alles einstmals 
dem römischen Kaiser gehörige Gut in Gallien, sowie die Güter aller derer, die in 
den Eroberungskriegen ihr Leben verloren hatten, waren dem König verfallen. 
Das reiche Einkommen aus diesen Besitztümern, dazu die Einnahmen aus den „Ge- 
richtsgefallen" (% aller Strafen), die der römischen Bevölkerung auferlegte Kopf¬ 
steuer, Tribute unterworfener Grenzstämme, Zölle und regelmäßige „freiwillige" 
Geschenke der germanischen Untertanen ermöglichten eine zuweilen recht kostspielige 
Hofhaltung, das halten einer viele hundert Mann starken Leibgarde („An- 
trustionen"), unter der sich auch zahlreiche unfrei geborene Jünglinge befanden, 
das verschenken von Gütern an verdiente Beamte, Krieger, an Klöster und Kirchen. 
d) Dos Hausmeter tum. Unter den königlichen Beamten errang allmählich 
der Hausmeier (major domus) die erste Stellung. Er war ursprünglich der 
Anführer des königlichen Gefolges und der Vorsteher der Hofhaltung. Als Vor¬ 
mund minderjähriger Herrscher und Stellvertreter des Königs im Königsgericht 
stand er hoch Über allen anderen Beamten. Sein Amt wurde schließlich in seiner 
Familie erblich. Die Teilkönige Hattert zumeist jeder seinen eigenen Hausmeier. 
Die Zwietracht unter den Königen übertrug sich in der Regel auf ihre obersten 
Beamten. Anfang des.8. Jahrhunderts gelang es der Familie der Pippine, 
die anderen Hausmeier aus ihren Stellungen zu verdrängen, von da an gab 
es nur noch einen Hausmeier für das gesamte Reich. 
e) Karl Martell. Pippin der Kurze. Ein solcher Hausmeier war z. B. Karl, 
mit dem Beinamen Martell (d. h. der Hammer). Dieser brachte Bayern; Ala- 
mannen, Friesen und Thüringer unter die fränkische Oberherrschaft zurück und 
zwang durch die blutige Schlacht bei Tours und poitiers im Jahre 732 und 
durch einen weiteren Sieg in der Nähe von Narboime die Mauren, ihre Er¬ 
oberungspläne in Gallien aufzugeben und nach Spanien zurückzukehren. Sein 
Ansehen war bereits so groß, daß er es wagen konnte, nach dem Tode des Königs 
mehrere Jahre lang den Thron unbesetzt zu lassen. Als endlich ein MerotDinger 
zur Herrschaft kam, der als Regent sich ebenso unfähig erwies, wie schon die 
meisten seiner Vorgänger, war auch das ganze Volk dieses Scheinkönigtums über¬ 
drüssig und erkannte kein verbrechen darin, daß Karl Martells ältester Sohn, 
Pippin, mit dem Beinamen der „Kurze", diesen König ins Kloster schickte und 
sich 751 zum Könige wählen und salben ließ. 
Karl Strecffufe, „Pippin der Kurze".
	        
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