94 Zweiter Zeitraum. Deutsche Geschichte von Karl d. Großen bis zum Ende d. Interregnums
Die tiefere Bedeutung dieser Empörung liegt in dem Gegensatze zwischen
der mehr auf Italien gerichteten Politik des Hohenstaufen und der auf den
Osten gerichteten Politik des weifen, „auf dessen Unterstützung die ganze
staufische Politik seit Friedrichs Regierungsantritt wesentlich beruhte".
Heinrichs des Löwen Teilnahme an mehreren Römerzügen. Verweigerung
der Heeresfolge zur Romfahrt des Jahres 1176. Zusammenkunft der beiden Fürsten zu
Partenkirchen oder Chiavenna. (Sage vom Fußfall Barbarossas.) Barbarossas Nie¬
derlage bei Legnano 1176. Verurteilung Heinrichs nach viermaliger vergeblicher Ladung
zu persönlicher Verantwortung durch das Fürstengericht von Würzburg 1180. Reichs¬
acht und Verteilung der welfischen Reichslehen: Ostsachsen als Herzogtum mit der Haupt-
stadt Wittenberg an Bernhard von Slskanien. fllbrechts des Bären Sohn; West-
fachfenan das Erzbistum Köln; Bayern, durch Barbarossa erst um Österreich, jetzt auch
noch um das Herzogtum Steiermark verkleinert, anGtto von Wittelsbach. Braun-
schweig-Lüneburg verbleibt als Herzogtum im welfischen hausbesitz. Heinrich der
Löwe verlebt seine dreijährigeverbannung aus Deutschland am englischen Königshofe.
Wie tief das Ansehen des großen Velsen selbst nach seinem Sturze in Nord-
deutschland eingewurzelt war, bewies die große Fürstenverschwörung zu
Anfang der Regierung Heinrichs VI. Die sächsischen Großen und die Fürsten
von Meißen, Thüringen, Böhmen, Flandern, Brabant traten neben England und
dem Papst auf Heinrichs des Löwen Seite.
Lähmung der Verschwörung durch die Gefangennahme des Königs Richard Löwen-
herz vonEngland gelegentlich seiner Rückkehr vom Kreuzzuge durch Herzog Leopold von
Österreich. Auslieferung an Heinrich VI., Haft auf dem Trifels. (Entlassung gegen
150 000 Mark Silber1) und gegen das Versprechen des Lehnseides und eines jährlichen
Tributs. Versöhnung Heinrichs VI. mit Heinrich dem Löwen. Bestätigung des¬
selben in seinem braunschweig-lüneburgischen hausbesitz.
c) Die Ablehnung des hohenstaufischen Lrbfolgegesetzes unter Kaiser Heinrich VI.
durch die Reichsfürsten. Durch diesen leichterrungenen Erfolg ermutigt, forderte
Heinrich VI. von den Reichsfürsten die Anerkennung der Erblichkeit seines
Hauses in der Königsmürbe gegen die Zusicherung der Erblichkeit der
Reichslehen auch in der weiblichen Linie.
Daß ein großer Teil der Fürsten sich diesem Antrage widersetzte, beweist,
daß um diese Zeit die Entwicklung der hohenstaufischen Macht in Deutschland,
die unter Friedrich Barbarossa in dem berühmten Reichsfeste von Mainz
1184 ihren beredtesten und vor allem für die breite XTtatte des Volkes verständ¬
lichsten Ausdruck gefunden hatte, ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte.
4. Friedrich Barbarossas Kampf gegen das Papsttum.
Quelle: Lembeck II, Heft 33.
Unter Barbarossa spitzte sich der Streit zwischen Papsttum und Kaiser*
tum immer mehr auf die beiden Fragen zu: 1. Ist das Kaisertum von Gott
oder vorn Papste? und 2. Schließt die behauptete absolute Kirchengewalt des
1) 1 RTark Silber = 15 Taler.