138 Dritter Zeitraum. Deutsche Geschichte v. Interregnum b. z. Ausgange d. deutschen Mittelalters
rote ein Bistum dem Landesherrn- petri und seiner Nachfolger Eigentum sei
Zischergerät und Evangelium? die Welt gehöre dem Kaiser, und ihre
Hauptstadt sei Hont." Ludwig der Bayer scheute sich nicht, einen Papst,
der ihm die Raiserkrone verweigerte und sie in die Hand des französischen Königs
zu spielen versuchte, abzusetzen und sich durch einen von ihm eingesetzten Gegen-
papst krönen zu lassen. Und die deutschen Fürsten bekannten sich zu seiner Auf-
fassung in dem denkwürdigen Beschluß des Rurvereins zu Rense 1338, in dem
sie erklärten:
a) Ludwig ist durch die Mahl der Kurfürsten rechtmäßiger deutscher und
römischer König.
b) Ein durch Mehrheitsbeschluß erwählter König hat seine Gewalt genau so
wie der Papst unmittelbar von Gott und erlangt neben der Reichs-
regierung „von Hecht und Gewohnheit wegen" durch seine Wahl ohne
weiteres auch den Kaisertitel.
c) Er bedarf daher niemals besonderer päpstlicher Bestätigung,
von da an wurde es allgemein verbreitete Ansicht, daß der Papst kein Hecht
habe, in die politischen Verhältnisse Deutschlands einzugreifen-
und wenn er auch noch hin und wieder die Kaiser mit dem Bann belegte, „die
Wutausbrüche des Papstes machten als Einwirkungen einer auswärtigen Macht
wenig Eindruck,- und wo sie genauer ins äuge gefaßt wurden, da entzog man
sich ihnen zumeist."
Das auch nach 1378 fortdauernde päpstliche Schisma hatte eine weitere
Ansehensverminderung für das Papsttum zur Folge. Zu Beginn des 15. Jahr¬
hunderts wäre es vielleicht an der Zeit gewesen, aufs neue die kaiserliche
Vorherrschaft in der abendländischen Kirche zu verkünden. Hb er Sigis¬
mund war aus anderem holze geschnitzt als die Kaiser (Dtto I., Konrad II.
oder Heinrich III. Er überließ den Konzilien die Stellung in der
Kirche, die einst die Kaiser eingenommen hatten (Beschluß des Konstanz er
Konzils: die Kirchenversammlung hat ihre Macht unmittelbar von
Christo), war nur Zuschauer, nicht fordernder Herr, als das Konstanz er
Konzil durch die Absetzung von drei Päpsten und die Einsetzung eines
neuen Papstes das Schisma beseitigte, und mischte sich nicht ein, als der Papst
das nächste große Konzil, das zu Basel (1431—1449), bestätigte oder verwarf,
je nachdem, wie es zum Papsttum Stellung nahm. Ungehört verhallten unter
Friedrich III. die Stimmen derer, die vor allem auf die schmachvolle finanzielle
Ausbeutung Deutschlands und die eigenmächtigen Investiturmaßnahmen des
Papstes in Deutschland hinwiesen und den Kaiser aufforderten, „die Eingriffe der
Päpste in deutsche Hechte abzuweisen: von jeher hätten die Päpste weiter nichts
beabsichtigt als Zwietracht zu säen; jetzt sei es Zeit, ihnen mit entschiedener Macht
entgegenzutreten." Friedrich III. gab sich vollständig mit den durch die
Henser Beschlüsse geschaffenen staatsrechtlichen Verhältnissen zufrieden und
ermöglichte es auf diese Weise, daß Deutschland „noch über zwei Menschenalter
hindurch die unerschöpfliche Geldquelle der entarteten Kurie" blieb.