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117. Die Schlacht von Beaumont, 30. August.
die anderen folgten, genau so, wie es zu Hause auf dem Kasernhof geübt wurde.
Wir faheu die Granaten in die Luft fliegen, dann verschwanden sie hinter
einem Hügel, der uns jede Aussicht versperrte, wir wußten nicht wohin, jeden¬
falls auf den Feind. Wir marschierten weiter.
Es ist ein eigentümliches Gefühl, wenn man so direkt in die Schlacht
geht. Man denkt schneller als sonst; man sieht und hört alles; jeder Sinn
ist erregt, das Herz schlägt heftiger; die Pulse fliegen. Man möchte sich ver¬
doppeln um nur recht schnell überall zu sein und alles zu erfahren. Noch
sahen wir nichts. Aber das Geschützfeuer wurde immer stärker und nun klang
es dumpf, als ob auch Gewehrschüsse vernehmbar würden.
Plötzlich kamen wir auf den Rand des Hügels, der uns so neidisch
bisher jede Aussicht versperrt. Das ganze Schlachtfeld von Beanmout bis
Thibandine lag offen vor uns. — Welch ein Anblick!
Als ob man in einem Haufen von roten Ameifen mit einem Stocke
herumgestiert hätte, fo wimmelte es dort unten, kaum 2 Kilometer, von Rot¬
hosen bunt durcheinander. Der Höhenrand uns zur Linken und Rechten spie
Feuer hinunter und unten im Tal selbst vom Waldrand aus krachte und
knatterte es, daß man meinte, ein Hagelschlag praßle auf die Glasscheiben
eines Gewächshauses und schlage alles kurz und klein. Jenseits auf einem
langgestreckten Höhenzug stand die französische Artillerie und wetterte herüber
und bald galten ihre Grüße auch uns.
Jetzt hatten wir das Dorf Sommanthe passiert. Links an der Straße
lag ein Felsblock. Auf diefem stand unser Feldgeistlicher. Über seinem
schwarzen Talar hing eine silberne Stola. Mit einem Kruzifix erteilte er uns
den Segen. Unsere Leute, wir selbst, alles befand sich in wahrhaft gehobener
Stimmung. Da stimmten sie hinter uns an, alle fielen ein und noch nie erklangen
die Lieder unserer Jäger so frisch als gerade dort auf dem Wege von Som-
manthe bis hinunter an den Wald. „Unser König soll leben, Prinz Luitpold
daneben, alle Generäl und Offizier, die tapfern Bayern sän mir!" hieß es
vorne, scholl es von hinten. — „Rechts heran! — Platz machen!"
Unsere Divisionsartillerie trabte vor.
„Hnrra, Kanoniere!" — „Hurra, Jäger! Heut' gilt's!" —
„Kavallerie muß attackieren, Infanterie gibt Salven ab, das ganze Jäger¬
korps rückt ans mit Sack und Pack!" —
„Aufhören! — Ruhe! — Lad 's Gewehr!" —
Jetzt wurde es ernst. Als ob jeder die Macht dieses Augenblicks zu¬
gleich empfuudeu hätte, herrschte sofort tiefe Stille. Nur die Gewehre raffelten,
als die Zylinder auf- und zugeklappt wurden, und die Hähne knackten, wenn
man sie in Ruhe setzte. Von der Schlacht sahen wir nichts mehr, desto mehr
hörten wir. Man meinte damals, ärger könne es gar nicht zugehen, und doch
kam es dicker bei Sedan, bei Orleans, Conlmiers, Ligny und Beaugeney.