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Anhänglichkeit an das Schicksal des Staates und der Nation und Abneianna
gegen die ewige Umformung von Verhältnissen hält mich bis jetzt davon ab
und wird es tun, so lange ich glaube, hier nur entfernt nützlich sein an können
Obwohl es mit unsrer Zukunft mißlich steht, so haben wir doch auf eine
innere Reorganisation des Militärs, in Hinsicht sowohl auf Formation, das
Avancement, die Übung als auch insbesondere auf den Geist hingearbeitet •
ber Komg hat ohne alle Vorurteile hier nicht allein sich williq gezeigt, sondern
uns sthr viele dem Geist und den neuen Verhältnissen angemessene Ideen
selbst angegeben. Folgt der König dem neuen Entwürfe, den er rum Teil
schon genehmigt hat, erschwert das Vorurteil nicht die Ausführung, wird nicht
der Hauptzweck durch Abänderungen, durch schlechte Exekutoren verfehlt, so
*** Militär, so klein und unbedeutend es auch sein mag, in einem
andern Geiste sich seiner Bestimmung nähern und mit den Bürgern des Staates
m ein näheres und innigeres Bündnis treten.
1). Aus den Berichten der Militärreorganisations-Kommission
an den König Friedrich Wilhelm HI. 1807.
Klippel, Das Leben des Generals von Scharnhorst. Leipzig 1871. HI. Bd. S. 310ff.
3n Punkt 5 der königlichen Vorlage hieß es: „Würde mit dem Eintritt der Unadliaen
nicht eine Abänderung zu treffen sein und solche mehr zugelassen werden müssen?" Die
Kommission bemerkte dazu:
©inen Anspruch auf Offizierstellen können im Frieden nur Kenntnisse und
Bildung gewähren, im Kriege ausgezeichnete Tapferkeit, Tätigkeit und Über-
^et ganzen Nation müssen daher alle Individuen, die diese Eigen¬
schaft besitzen, auf die höchsten militärischen Ehrenstellen Anspruch machen
können. Indem man bisher einem einzigen Stande diese Vorrechte gab,
gingen alle Talente und Kenntnisse des übrigen Teils der Nation für die
Armee verloren, und dieser Stand sah sich gar nicht in die Notwendigkeit
versetzt, sich die militärischen Talente zu erwerben, da seine Geburt und eine
lange Lebensdauer ihn zu den höchsten militärischen Ehrenstellen hinaufbringen
mußte. Hierin liegt der Grund, warum die Offiziere in ihrer Bildung gegen
alle übrigen Stände so weit zurück waren. Aus eben diesem Grunde wurde
die Armee als ein Staat im Staate angesehen, von den übrigen Ständen
gehaßt und zum Teil verachtet, da sie doch die Vereinigung aller moralischen
und physischen Kräfte aller Staatsbürger sein sollte. Die Vergleichung Preußens
mit den sich bildenden benachbarten Staaten, die zum Teil aus ehemaligen
Mitbürgern des Preußischen Staates bestehen, und die diese Fehler abgeschafft
haben, würde die bisherigen Verhältnisse um so drückender machen, und schon
aus diesem Grunde würde eine Abänderung notwendig sein.
In früheren Zeiten fand im Preußischen Staate das ausschließliche Recht
des Adels zur Offizierstelle gar nicht statt; unter dem Kurfürsten Friedrich
Wilhelm bestand die Hälfte der Offiziere aus Unadligen, ebenso unter König
Friedrich I. Das weitere Avancement nach Anciennität verhinderte jeden
Wetteifer; man bedurfte ja keiner Anstrengung; eine gesunde Leibeskonstitution
gewährte alles, was man wünschte. Zur Aufrechterhaltung der Armee blieben
dem Staate nur Strafen und willkürliche Belohnungen. Jenen ist leicht aus¬
zuweichen, diese sind schwer anzuwenden und selten mit den Kräften des
Staats übereinstimmend.