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französischer Kürassiere in die Lücken des Häufleins, und nachdem die letzte
Kolonne Infanterie überritten, schwenkte das Häuflein nun pele-mele mit
den französischen Kürassieren und den Ulanen rechts ab und jagte zurück. Vor
der Batterie erhielt ich zwei Schüsse, die den Helm durchbohrten, ohne mich
ernstlich zu berühren. Der Adjutant, von zwei Kugeln getroffen, stürzte vom
Pferde, der eine Trompeter wurde heruntergeschossen, das Pferd des andern
verwundet; ich sprach noch eine Weile mit dem Rittmeister Heister, bis auch
er fiel. Eine Weile war Leutnant Lampbell an meiner Seite, bis man ihm
übel mitspielte beim Versuch, die Standarte den französischen Kürassieren zu
entreißen, die er mit der linken Hand erfaßt hatte. Einige Leute hieben ihn
wieder heraus.
Nie werde ich es vergessen, wie ich, ungefähr an der Stelle, von der
wir ausgeritten, dem ersten Trompeter, den ich fand, das Regimentssignal zu
blasen befahl. Die Trompete war durchschossen, und es kam ein Ton heraus,
der mir durch Mark und Bein ging. Auf meinen Ruf fanden sich von
elf Zügen (fünf waren detachiert gewesen) noch drei zusammen. Ein traurig
ernstes Biwak, das folgte. Zwei Tage darauf waren wir wieder im Feuer.
Das Regiment verlor sieben Offiziere und 206 Mann. Bon sämtlichen
Offizieren ist nachgewiesen, daß sie sich in diesseitigen Lazaretten befinden;
nur über den Leutnant Friese, der mit zerbrochenem Schenkel auf dem Schlacht¬
felde gesehen wurde, fehlt dem Regiment Kunde. Rittmeister Meyer und
Portepeefähnrich von Stockhausen sind auf dem Schlachtfelde beerdigt.
Graf Schmettern.
b. Aus Briefen des Königs Wilhelm an die Königin Augusta.
W. Ontfen, Unser Heldenkaiser. Berlin (1897). S. 145.
Rezonville, den 19. August 1870.
Das war ein neuer Siegestag gestern, dessen Folgen noch nicht zu er¬
messen sind.
Gestern früh gingen das 12., Garde- und 9. Korps gegen die nörd¬
liche Straße Metz-Verdun bis St. Marcel und Doneourt vor, gefolgt vom
3. und 10. Korps, während das 7. und 8., sodann auch das 2. bei Rezon¬
ville gegen Metz stehen blieben.
Als jene Korps rechts schwenkten, in sehr waldigem Terrain, gegen Verne-
ville und St. Privat, begannen diese Korps den Angriff gegen Gravelotte,
nicht heftig, um die große Umgehung gegen die starke Position Amanvilliers-
Chatel bis zur Metzer Chaussee abzuwarten. Diese weite Umgehung trat erst
um 4 Uhr ins Gefecht mit dem Pivotkorps,l) dem 9., um 12 Uhr. Der
Feind setzte in den Wäldern heftigen Widerstand entgegen, so daß nur langsam
Terrain gewonnen wurde. St. Privat wurde vom Gardekorps, Verneville
vom 9. Korps genommen, das 12. Korps und die Artillerie des 3. griffen
nun ins Gefecht ein.
Gravelotte wurde von Truppen des 7. und 8. Korps und die Wälder
zu beiden Seilen genommen und behauptet, mit großen Verlusten.
Um die durch die Umgehung zurückgedrängten feindlichen Truppen noch¬
mals anzugreifen, wurde ein Vorstoß über Gravelotte bei einbrechender Dunkelheit
unternommen, der auf ein so enormes Feuer hinter Schützengräben, en etage
1) Das 9. Korps bildete den Drehpunkt (Pivot) für die schwenkenden Korps.