130 Friedrich Wilhelms I. Jugend leben; Vermählung; Regierungsantritt.
e. Die Akademie; Sophie Charlotte. Die Pflege der Wissenschaften
und Künste hielt Friedrich für eine seiner würdigsten Aufgaben. Außer
einer Universität zu Halle gründete der König zu Berlin die Akademie
der Wissenschaften, deren erster Präsident Leibniz wurde. Ihre Auf-
gäbe war die Sammlung und Erweiterung wissenschaftlicher Kenntnisse
und deren Verbreitung durch faßliche Schriften, Pflege der deutschen
Sprache und die Herausgabe eines Kalenders. Außer mehreren Lust-
schlössen! ließ der König durch den berühmten Baumeister Schlüter in
Berlin das Zeughaus und das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten
(Fig. 21) errichten, das Königliche Schloß nmbaueu (Fig. 23) und er-
weiterte Berlin um die Friedrichstadt. Musik und Dichtkunst fanden eine
Gönnerin an der Königin Sophie Charlotte, der zweiten Gemahlin
Friedrichs, einer Tochter des Kurfürsten von Hannover. Der Kurfürst
schenkte ihr das Dorf Liehen bei Berlin und baute ihr dort ein Lust-
schloß, das nachher ihr zum Andenken Charlottenburg genannt wurde.
Hier sammelte sie einen Kreis von Männern und Frauen um sich, in
welchem geistreiche Unterhaltung, Musik und Bühnenspiel gepflegt wurden.
Die Fürstin hat nach dem Urteil ihres Enkels Friedrichs des Großen
„wahre und gesellschaftliche Feinheit und die Liebe zu den Künsten und
Wissenschaften nach Brandenburg und Geist und Würde in die von ihrem
Gemahle so sehr geliebte Etikette (Hofsitte) gebracht". Über seinen Groß-
vater urteilt er: „Mit dem von ihm begründeten Königtume tritt er
gleichsam vor seine Nachfolger mit der Mahnung: Ich habe den Grund
zu eurer Größe gelegt; ihr müßt das Werk vollenden."
19. Friedrich Wilhelm I.; 1713—1740.
Wahlspruch: Nec soli cedit. (Er [der preußische Adlers weicht der Sonne nicht.)
1. Seine Ariedenstätigkeit.
a. Jugendleben; Vermählung; Regierungsantritt. Friedrich Wilhelm
war als Kind ungewöhnlich kräftig. Seine erste Erziehung ward der
Frau von Rocoulle, einer französischen Protestantin, übertragen; aber
der eigenwillige Prinz machte ihr viel zu schaffen. Einst drohte sie ihm,
für eine Unart ihm das Frühstück entziehen zu wollen. Sowie sie ins
Nebenzimmer ging, öffnete er das Fenster, kletterte auf die äußerste
Brüstung — es war im dritten Stock — und drohte, hinunterzuspringen,
wenn ihm nicht sofort sein Frühstück gebracht würde. Die geängstigte
Frau mußte wohl nachgeben. Der Kronprinz blühte zu einem gesunden,
kräftigen und schönen Knaben empor, seine geistige Entwicklung aber ent-
sprach nicht den Wünschen der Eltern. Seine Lehrer wußten ihm die
Wissenschaften nicht lieb zu machen; Geschmack für Kunst und feinere