144 Der deutsch.französische Krieg von 1870—1871*
quartier, um über einen Waffenstillstand zu verhandeln, nachdem er
Wucher ohne Erfolg den Versuch gemacht hatte, durch eine Rundreise
* ' *n Sr°ßm Hofen Europas diese für Frankreich zu gewinnen. Bon
der neugebildeten republikanischen Regierung in Tours war
er beauftragt, mit der Regierung zu Paris und dem dentfchen Hanpt-
quartiere über einen Wastenstillftand zu verhandeln. Di- es gewährte
ihm Wies Geleit nach Paris, wohin er die erste Nachricht von dem
Falle von Metz brachte. Aber die Verhandlungen scheiterten an den
Forderungen der Franzosen; Thiers kehrte nach Tours zurück. Hier
schürte unterdessen tRambetta den iirieg. Er hatte Paris im öuft-
davon verlasten. erklärte Bazaine für einen'Verräter, die „große Ration"
aber für unbesiegbar. Durch feine Machtsprüche ließen sich die Massen
noch weiter zur Schlachtbank führen; es entstanden Linientruppen und
Landwehr (Mobllgarde), dazu Freischaren (Franktireurs) in großer Menge,
jm Norden und Süden Frankreichs bildeten sich Heere zum Anariff auf
das Belagerungsheer vor Paris und zum Entsatz der Hauptstadt
0) Der Fall von Straßburg und Metz und anderer Festungen (Soul,
Jerduii, 9ieubrei|ach, Schlettstadt, Soiffons, Liebenhofen) machte es den
Deutschen möglich, eine große Anzahl von Truppen gegen den Norden
Süden und Osten Frankreichs zu verwenden. Anfang Oktober hatte
von der Tann mit den Bayern ein französisches Corps der Loire-
Armee bei Orleans geschlagen und diese Stadt mit Sturm genommen
Dennoch mußte er der wachsenden feindlichen Übermacht gegenüber die
Stadt wieder räumen. Die Franzosen jubelten. Da erschienen der Gro߬
zog von Mecklenburg und Prinz Friedrich Karl mit Verstärkungen,
ichlugen den Feind in zwei Gefechten und nahmen Orleans wieder. Die
Feinde wurden in zwei Corps unter Bourbaki und Chanzy nach
dem Süden und Westen zurückgedrängt.
Im Norden Frankreichs schützte General Manteuffel das Be¬
lagerungsheer vor einem Uberfall. Er schlug den Feind im Dezember
und Januar und setzte sich in den Besitz der Städte Amiens, Rouen
(spr. Ruang) und Dieppe. Als er das Kommando der Südarmee
ubernahm, setzte General von Göben das Werk mit gleichem Er-
folge fort.
Unterdessen hatte von Werder, der Eroberer Strasburgs, in zahl»
rächen Gefechten die Vogesen von den Mobilgarden und Franktireurs ge-
säubert und die Belagerung von Beifort begonnen. Nach dem kühnen
Plane Gambettas sollte nun Bourbaki mit überlegenen Kräften
15._17 v,0"Herder zurückschlagen, Belfort entsetzen und in Süddeutschland
sanuar einfallen. „jtn Osten liegt die Rettung!" hieß es in einer feierlichen An-
1871 rundigung. Da schlug von Werder in den Tagen vom 15—17. Januar
die ruhmreiche Schlacht bei Montbeliard und zwang Bourbaki zum Rück-
zuge. Kaiser Wilhelm schrieb dem Sieger: „Ihre heldenmütige, drei-,
tagige. siegreiche Verteidigung Ihrer Position, eine belagerte Festung
im Rucken, ist eine der größten Waffenthaten aller Zeiten." General
Manteuffel ubernahm die Verfolgung. Uber das mit Schnee und Eis
bedeckte Juragebirge jagte er die Feinde, die scharenweise der Kälte und
den Anstrengungen erlagen oder gefangen genommen wurden, 80 000