Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis 1648 (Teil 2)

14 Geschichte des Mittelalters. 
der oberen Ems die Marser und Brukterer, im heutigen Hessenl'ande 
die Chatten, von der Weser bis östlich vom Harz die Cherusker und 
südlich von diesen über den Thüringer Wald hinaus bis zur Donau die 
Hermunduren. Alle diese Stämme waren bereits ansässig, während die 
östlicher nnd südlich wohnenden Stämme, die Sueven, noch umher- 
schweiften. Ihnen gehörten westlich der Elbe die Longobarden an. 
Um Havel und Spree saßen die Semnonen, längs der Ostsee die 
Variner, die Rugier und jenfett der Weichsel die Guttonen. Das 
Land um die Warthe und Netze hatten die Burgundionen inne. 
Die Markomannen saßen in Böhmen, das sie unter ihrem Herzog 
Marbod den keltischen Bojern entrissen hatten. Im Osten stießen die 
Germanen mit den Sarmaten (©laben) zusammen; nicht eine natürliche 
Grenze, sondern gegenseitige Furcht hielt beide getrennt. 
§ 3. Religion der Germanen. 
a. Die wichtigsten Quellen der deutschen Mythologie bilden die in 
nnserm Volke noch fortlebenden Sagen und Märchen, Sitten und Ge- 
brauche, sowie der Aberglaube desselben; schriftliche Nachrichten verdanken 
wir römischen Schriftstellern und den ersten christlichen Geistlichen in 
Deutschland. Über die nordische Mythologie geben uns die Gedichte der 
Skalden ausführliche Nachricht, deren Lieder in den beiden Edden ge- 
sammelt sind; manche der hierin geschilderten religiösen Anschauungen 
haben gewiß auch unsere Vorfahren geteilt. 
d. Die niederen übernatürlichen Wesen. Den Germanen erschien 
die ganze Natur belebt; überall sahen sie in den Elementen höhere Wesen, 
Dämonen, denen gegenüber sie sich, ohnmächtig fühlten, die sie durch 
Gebet und Opfer zu versöhnen suchten. Bald erschienen sie ihnen in 
Menschengestalt als Riesen, bald in Tiergestalt als unersättliche Wölfe 
und ungeheure Schlangen. Ebenso glaubten sie, daß die Seelen der 
Gestorbenen in der Natur fortlebten, entweder unsichtbar im Winde, oder 
sichtbar in verschiedenen Gestalten, daß sie unsichtbar am Totenmahl teil¬ 
nähmen , den Überlebenden im Traume erschienen, in Gestalt der Eule 
oder des Hundes die Zukunft verkündigten, als Gespenst den Menschen 
erschreckten, als Alp (Nachtmar, Walritter) ihn im Schlafe zu erdrücken 
oder als Werwolf ihn zu verschlingen suchten. Die Seelen der Menschen, 
welche still und unbeachtet durchs Leben gegangen, lebten als elfische 
Geister — ein Abbild der im stillen wirkenden Naturkräfte — fort: 
kleine, kluge und den Menschen freundlich gesinnte Wesen, die als Elsen 
oder Wichte in Bergen und Wäldern, auf Wiesen und an Quellen wohnten, 
als Zwerge die unterirdischen Schätze bewachten, als Kobolde im Hause 
hilfreiche Hand leisteten, als Nixen Wald und Feld, Berge, Flüsse und 
Seen belebten.
	        
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