Full text: Geschichte der Neuzeit seit 1648 (Teil 3)

82 Zweite Periode. 
Kaiser bestochene General Grumbkow leicht, ihn fast immer auf Habs- 
burgischer Seite festzuhalten, um so mehr, da der Kaiser ihn stets mit 
der Aussicht auf Jülich und Berg lockte. Beim Beginn der Regierung 
Friedrich Wilhelms war der spanische Erbfolgekrieg noch nicht beendet; 
im Frieden zu Ryswijk erhielt Preußen trotz aller Opfer nur Ober- 
geldern. Einen besseren Gewinn machte Friedrich Wilhelm im nor- 
bischen Kriege. (S. 71.) Obwohl Preußen eine der besten Armeen der 
Welt hatte, hütete der König sich so viel wie möglich vor einem Kriege; 
aber kaum war der nordische beendet, so drohte ein neuer, größerer. 
Kaiser Karl VI. hatte keinen Sohn und suchte deshalb durch ein Haus- 
gesetz, die pragmatische Sanktion, seiner Tochter Maria Theresia 
die Nachfolge in allen österreichischen Ländern zu sichern. Spanien hatte 
er bereits gewonnen; Frankreich und England aber verbündeten sich gegen 
ihn und suchten auch Preußen zu sich herüberzuziehen. Friedrich Wilhelms 
Gemahlin wünschte sehnlichst eine Vermählung ihrer beiden ältesten Kinder 
mit Kindern ihres Bruders (S. 72), und ihr gelang es jetzt, ihren Ge- 
mahl zu bewegen, 1725 in Herrenhausen bei Hannover mit England 
und Frankreich einen Vertrag zu gegenseitigem Schutz für den Fall eines 
Krieges zu schließen, wobei diese beiden versprachen, dahin wirken zu 
wollen, daß Jülich und Berg beim Aussterben der Linie Pfalz-Neuburg 
an Preußen käme. Doch der Kaiser vermochte den König wieder leicht 
zu sich herüberzuziehen. Beide schlössen 1726 den Vertrag zu Wust er- 
hausen, in welchem sie sich gegenseitig ihren Besitzstand gewährleisteten, 
wobei Friedrich Wilhelm die pragmatische Sanktion anerkannte, während 
der Kaiser versprach, ihm Berg verschaffen helfen zu wollen, obwohl er 
dasselbe kurz zuvor auch dem Pfalzgrafen von Sulzbach versprochen hatte. 
Die Engländer und Franzosen schwuren Preußen Rache; Friedrich Wil- 
Helm aber fürchtete sich nicht. „Kein Engländer und Franzose," sagte er, 
„soll über uns Deutsche gebieten, und meinen Kindern will ich Pistolen 
und Degen in die Wiege geben, daß sie die fremden Nationen aus 
Deutschland helfen abhalten. Wenn die Franzosen ein Dorf in Deutsch- 
laub attaqnierten, so müßte bas ein Conjon von einem beutscheu Fürsten 
sein, welcher nicht ben letzten Blutstropfen baran wagte, sich bagegen zu 
setzen." Im polnischen Erbfolgekriege mußte er für ben Kaiser 
auch noch bas Schwert ziehen; aber trotzbem hinterging bieser ihn, inbem 
er sogar mit Frankreich einen Vertrag schloß, wonach Jülich unb Berg 
bemnächst an Pfalz-Sulzbach fallen solle. Entrüstet rief Friebrich 
Wilhelm aus: „Der Kaiser traktiert mich unb alle Reichsfürsten wie 
Schubjaks, was ich gewiß nicht verbient habe," unb, indem er auf den 
Kronprinzen zeigte: „Da steht einer, der mich rächen wird." Der Kaiser 
hatte selber den mit Preußen geschlossenen Vertrag gebrochen; Friedrich 
Wilhelm und sein Nachfolger hatten daher freie Hand.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.