Full text: Alte Geschichte (Teil 1)

136 Das Altertum. 
böhmischen Gebirgen und der Donau. Unabsehbare Waldungen, die 
nur hie und da durch große Seeen, Sümpfe und Moräste unterbrochen 
wurden, bedeckten dasselbe. Der herzynische Wald war nach Casars 
Angabe über 9 Tagereisen breit und über 60 lang; die großen Wald- 
bezirke im Schwarzwalde, Thüringer Walde, Harz, in Böhmen, Schlesien 
und Baiern sind noch Reste desselben. Durch die Wälder war das 
Klima feucht, der Boden kalt, feucht und unfruchtbar, die Flüsse waren weit 
wasserreicher als jetzt und bildeten, da sie nirgends eingedämmt waren, 
oft weite Wasserstrecken. — Es gab wenige eßbare Früchte uud Pflanzen; 
große Rettige, Pastinak, wilder Spargel, Rüben und dergl. wuchsen wild; 
Bohnen, Gerste, Hafer, Roggen und Hanf wurden angebaut; in den 
Wäldern gab es Beeren, wilde Äpfel und die Waldkirsche. Die Flüsse 
und Seeen waren reich an Fischen, die Wälder von dem Gesänge un- 
zähliger Vögel erfüllt; die noch bei uns einheimischen Vierfüßler fanden 
sich in weit größerer Zahl, außer ihnen aber auch Wölfe, wilde Katzen, 
Luchse, Bären, das Elen und der wilde Ur. Die reichen mineralischen 
Schätze unseres Vaterlandes wußten unsere ältesten Vorfahren noch nicht 
zu heben; Eisen tauschten sie von den Nachbarn ein, Gold und Silber 
lernten sie erst von den Römern kennen; Salz verschafften sie sich aus 
den Salzquellen, um deren Besitz oft blutig gekämpft wurde. 
c. Körper unb Lebensweise. Groß, stark und schön waren die 
Deutschen in alter Zeit; ihr Körper wurde von Jugend auf abgehärtet 
und ertrug Kälte leicht. Das goldgelbe Haar floß in üppiger Fülle 
bei den freien Männern und Frauen hernieder; aus den großen blauen 
Augen blickten Mut und Freiheitsstolz. Ihre Kleidung war ein aus 
Tierhäuten verfertigter Mantel, der bis auf die Hüften reichte und 
Brust, Arme und Beine unbedeckt ließ; die Frauen trugen am liebsten 
leinene Kleider mit roten Streifen. Auch die vornehmeren Männer 
trugen unter dem Pelzmantel noch ein eng anschließendes Wams aus 
Leinen oder Wolle. Die Kinder gingen ganz unbekleidet. Ebenso 
einfach war die Nahrung: Fleisch — am liebsten Wildbret — Milch, 
Butter, Haferbrei und Brot. Das liebste Getränk war ein aus Hafer 
oder Gerste bereitetes Bier, oder Met (Houigbier); Wein kauften sie 
von den Nachbarn. Ihre Wohnungen lagen einzeln und waren unan- 
sehnlich. 
„Daß die Völker Germaniens nirgends in Städten wohnen, ist hin- 
länglich bekannt; nicht einmal zusammengebaute Häuser dulden sie. Abgesondert 
und zerstreut siedeln sie sich an, wo ein Quell, eine Flur, ein Gehölz einladet. 
Die Dörfer legen sie nicht nach unserer Weise aus verbundenen, zusammenhängenden 
Gebäuden an; jeder umgiebt sein Haus mit einem Hosranme. Nicht einmal 
Bruchsteine oder Ziegel sind bei ihnen im Gebrauch; sie nehmen zu allem un- 
förmlichen Baustoff, ohne Ansehen und Anmut. Einige Stellen übertünchen sie 
sorgsamer mit einer so reinen und glänzenden Erde, daß es wie Malerei aus- 
sieht. Sie pflegen auch unterirdische Höhlen auszugraben, die sie oben mit 
Dünger belegen, als Zufluchtsort im Winter und zum Behältnis der Feldfrüchte." 
(Tacitus.) 
Als Beschäftigung liebte der freie deutsche Mann nur ben Krieg
	        
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