Full text: Mittlere und neue Geschichte bis 1648 (Teil 2)

Die Bartholomäusnacht. 
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„Bist du Coligny?" schrie ihm einer entgegen. „Ich bin's", erwiderte 
der Admiral rlchig, „junger Mann, habe Achtung vor meinen grauen 
Haaren." Aber dieser stieß dem alten Manne den Degen in den Leib; 
viele andere Stöße und Hiebe folgten nach. Den Leichnam warf man 
zum Fenster hinaus. Zu derselben Zeit hatte auch das Morden auf 
den Straßen begonnen. So heftig der König vor dem Anfange des 
Blutbades gezittert hatte, um so wütender wurde er nachher. Mehrmals 
rief er zum Fenster hinaus: „Tötet, tötet!" Ja, er soll selbst auf die 
Fliehenden geschossen haben. Seinen neuen Schwager, Heinrich von 
Navarra, und den Prinzen Conde ließ er in der Nacht zu sich kommen 
und erklärte ihnen mit wilder Miene: „Die Häupter der Hugenotten 
werden soeben auf meinen Befehl getötet. Euch will ich, in Anbetracht 
eurer Jugend, verschonen; doch verlange ich, daß ihr zur katholischen 
Kirche zurückkehrt." Heinrich versprach in der Angst alles; Prinz Conde 
weigerte sich und erhielt drei Tage Bedenkzeit. Noch zwei Tage währte 
das Morden. Dann durchzog der König mit seiner Höflingsschar die 
leichenerfüllten Straßen und weidete sich an dem gräßlichen Anblick. Auch 
Colignys Leichnam fand man; der Pöbel hatte ihn auf alle Art ver¬ 
stümmelt und endlich bei den Beinen an einen Galgen gehängt. Als 
nun einige Höflinge vor dem Gerüche der Leiche sich abwandten, "trat der 
König noch näher hinzu und sprach: „Ein toter Feind riecht immer gut!" 
Aber nicht nur in Paris, sondern in fast allen Provinzen wurden 
in diesen Tagen die Hugenotten ermordet. Nur wenige Statthalter hatten 
den Mut, sich zu widersetzen; einer vernichtete den Befehl auf der Stelle, 
ein anderer schrieb, er habe in der Stadt gute Bürger und mannhafte 
Soldaten, aber keinen Henker gefunden. 'Beide stürben bald darauf, 
man vermutete, an Gift. Die furchtbare Mordnacht nennt man wegen 
des darauf folgenden Bartholomäustages die Bartholomäusnacht, 
oder auch, weil sie bald nach der Hochzeit des Königs Heinrich von Na¬ 
varra stattfand, die Pariser Bluthochzeit. Das Ereignis erregte 
im Auslande teils Freude, teils Abscheu. 
Der „heilige Vater", Gregor XIII., ließ ein Dankfest feiern, die Kanonen lösen 
und eine Münze auf die Vernichtung von mindestens 35 000 Ketzern schlagen; ebenso 
triumphierte Philipp II. von Spanien; England und Deutschland aber äußerten laut 
ihren Abscheu, und Kaiser Maximilian II., Karls IX. Schwiegervater, sprach: „Wollte 
Gott, mein Tochtermann hätte mich um Rat gefragt; wollte ihm treulich als ein 
Vater geraten haben, daß er solches nimmer gethan hätte." 
c. Edikt von Nantes. Schon zwei Jahre nachher starb Karl IX., 
von Gewissensbissen gequält, an einer unheilvollen Krankheit, die ihn bald 
nach der Buthochzeit überfallen hatte. Nach dem Tode seines Bruders, 
Heinrichs III. (1589), folgte jener Heinrich von Navarra als Heinrich IV. 
Dieser erließ das Edikt von Nantes (spr. Nangt), durch welches die 1598 
Hugenotten gleiche Rechte mit den Katholiken erhielten, und machte so 
den blutigen Religionskriegen ein Ende. Dafür fiel er aber durch Mörder¬ 
hand. (1610.) 
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