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Neue Geschichte.
II. Elisabeth, Königin von England; 1558—1603.
9. Die Reformation in England. England (Teil I. S. 154)
wurde im 9. Jahrhundert von den Normannen (S. 27) lange Zeit all¬
jährlich geplündert; Alfred der Große (871—901) befreite das Land
von dieser Plage. Er vereinigte die einzelnen Provinzen zu einem Reiche
und erhob London zur Hauptstadt; er förderte Ackerbau und Gewerbe,
legte Schulen an und sorgte für eine strenge Rechtspflege. Bald nach
seinem Tode eroberten die Normannen die Nordküste von Frankreich und
gaben ihr den Namen Normandie; von hier setzten sie im Jahre 1066
nach England über, eroberten es, und ihr Herzog, Wilhelm der Er¬
oberer, ward König von England.
Zur Zeit Luthers herrschte in England Heinrich Vlll. Dieser war
ein Gegner Luthers, aber auch ein Feind des Papstes, weil dieser nicht
in eine Scheidung von seiner ersten Frau — er war sechsmal verheiratet
-- willigen wollte. Da erklärte er sich selbst zum Oberhaupte der eng¬
lischen Kirche, hob die Klöster auf, zog deren Güter ein und drängte
seinem Volk einen Glauben auf, der aus der katholischen Lehre und
seinen eigenen Ansichten gemischt war. Ihm folgte sein Sohn und
darnach seine älteste Tochter, die „blutige Maria," die sich mit dem
streng katholischen Philipp II. von Spanien vermählte und den prote¬
stantischen Glauben eifrig verfolgte. Während ihrer nur fünfjährigen
Regierung ließ sie 288 Protestanten lebendig verbrennen. Ihre Nach¬
folgerin war Elisabeth.
Auch sie war eine Tochter Heinrichs VIII. und seiner zweiten Ge¬
mahlin. Der grausame König hatte diese wegen unbegründeten Ver¬
dachtes hinrichten und Elisabeth des Thrones verlustig erklären lassen.
Unter dem Drucke mehrerer Stiefmütter verlebte Elisabeth eine freuden¬
leere Jugend; von ihrer Halbschwester Maria wurde sie fünf Jahre
lang wie eine Gefangene behandelt.
" Sofort nach Marias Tode kam sie nach London und wurde vom
Volke mit Jubel empfangen; im Angesichte aller fiel sie auf ihre Kniee und
dankte Gott für ihre wunderbare Erhaltung. Kaum hatte Philipp ll.
den Tod seiner Gemahlin erfahren, als er auch schon um die Hand der
Elisabeth anhielt. Sie aber wies ihn ab. Dem Parlamente, das den
Wunsch ausgesprochen hatte, die Königin möge sich doch einen Gemahl
wählen, erklärte sie: „England ist mein Gemahl und jeder Unterthan
mein Sohn; das Wohl so vieler Tausende erfordert meine ganze Sorge
und Neigung; ich wünsche sehnlich, daß man einst auf meinem Grab¬
steine lese: „Hier ruht die jungfräuliche Königin!" Sie war, wie ihre
Mutter, der protestantischen Kirche zugethan und ergriff bald alle Ma߬
regeln, dieselbe zur herrschenden zu machen. Wer die königliche Oberhoheit
über die Kirche nicht anerkennen wollte, wurde bestraft; sie ließ das von
ihrem Vater aufgestellte Glaubensbekenntnis noch einmal durchsehen und
in 39 Artikel fassen, die noch jetzt das Glaubensgesetz der englischen Kirche
bilden. Da diese das Kirchenregiment der Bischöfe anerkennt, so wird
sie die bischöfliche oder Episkopalkirche genannt; außerdem hat