Heinrich IV.
49
ernennen lassen. Dabei hatte dieser aber schwören müssen, daß er nie
das Leben und die Freiheit seines Vaters gefährden und hei dessen Lebzeit
sich nicht in die Regierungsgeschäfte mischen wolle.
Aber den ehrgeizigen Sohn dünkte es zu lange, bis zum Tode des
Vaters auf die Regierung zu warten; von des Vaters Feinden auf¬
gereizt, beschloß er den Aufstand. Auf einem Reichstage heuchelte er,
er wolle nur den Vater zur Unterwerfung unter die Kirche zurückbringen.
Denn Gregor hatte vor seinem Ende den Bann nicht von Heinrich ge¬
nommen , und sein Nachfolger hatte denselben erneuert. Ein neuer
Bürgerkrieg entbrannte. Aber der alte Kaiser brachte am Rhein ein so
ansehnliches Heer zusammen, daß der Sohn es nicht mit ihm aufnehmen
mochte. Da nahm dieser wieder seine Zuflucht zur Heuchelei. Er ließ
seinen Vater um eine Zusammenkunft bitten. Als dieser seinen Sohn
erblickte, überwältigte ihn der Schmerz; er fiel ihm zu Füßen und sprach:
„Mein Sohn, mein Sohn, wenn ich für meine Sünden gestraft werden
soll, so beflecke du doch deinen Namen und deine Ehre nicht; denn es
geziemt sich nicht, daß der Sohn sich zum Richter über die Sünden des
Vaters auswerfe." Der Sohn schien gerührt und bat den Vater, ihm
nach Mainz zu folgen, um von dort aus seine Aussöhnung mit dem Papste
zu bewirken. Der Vater glaubte ihm, entließ seine Mannen und folgte
ihm nach Mainz. Aber unterwegs lockte der treulose Sohn den Vater
auf eine Burg, von dort führte er ihn gefangen nach Ingelheim und
zwang ihn zum öffentlichen Bekenntnis seiner Schuld und zur Abdankung.
Aber dennoch erhielt der alte Kaiser nicht die Lossprechung vom Banne.
Der Sohn ließ sich in Mainz als Heinrich V. krönen und kehrte nicht
nach Ingelheim zurück. Der Vater fürchtete ewiges Gefängnis oder gar
den Tod und floh daher mit 9 Getreuen über Köln nach Lüttich (an
der Maas), wo der dortige Bischof und der Herzog von Lothringen sich
seiner annahmen. König Heinrich wurde geschlagen; als er aber ein 1106
neues Heer ausrüstete, starb der Vater 1106. Er war erst 59 Jahre
alt. Ganz Lüttich klagte, als hätte jeder seinen Vater verloren, besonders
die Witwen und Waisen; der Sohn aber freute sich, als ihm die könig¬
lichen Abzeichen überbracht wurden.
Aber nicht einmal im Tode sollte der vielgeprüfte König Ruhe finden.
Der Bischof von Lüttich ließ den Leichnam im Dome 'daselbst unter
kaiserlichen Ehren beisetzen, mußte ihn aber auf Befehl des Papstes in
eine ungeweihte Kapelle auf einer kleinen Maasinsel bringen, weil
Heinrich im Banne gestorben war. Hier sang ein aus Jerusalem heim¬
gekehrter Mönch Tag und Nacht Trauerpsalmen an seinem Sarge. Nach
kurzer Zeit ward die Leiche auf Befehl des Königs nach Speier gebracht
und im Dome neben den königlichen Vorfahren beigesetzt; aber auch von
dieser geweihten Stätte mußte sie wieder entfernt und in eine ungeweihte
Kapelle gebracht werden. Erst 1111 wurde der Bann gelöst und nun
Kaiser Heinrich feierlich in der Kaisergruft bestattet. —
i. Heinrich V. 1106—1125. Sein rebellischer Sohn Heinrich V.
folgte ihm auf dem deutschen Throne. Der Jnvestiturstreit zog sich fast
durch seine ganze Regierungszeit hin und ward erst 1122 durch das
Hosfmeyer und Hering, Hülfsbuch II. 4