Die Germanen.
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getränke dienten Bier (aus Gerste ohne Hopfen), Obstwein und Met (aus Honig
bereitet).
Die gewöhnliche Beschäftigung der freien Germanen waren Jagd und
Krieg, ferner körperliche und Waffenübungen, außerdem die Teilnahme an den
Volksversammlungen, an der Rechtspflege und an den öffentlichen Festen. Die
Haus- und Feldarbeit überließen die Männer gerne den Frauen und Alten, den
heranwachsenden Kindern sowie den Knechten und Mägden.
Die Stellung der Frau. Allgemein begegnete man den Frauen mit Achtung
und Ehrfurcht, besonders den Priest er innen, die unvermählt blieben. Die
Brautgabe, die der Mann feiner zukünftigen Gattin darbrachte, bestand in Rindern,
einem Streitroß und einem Schild nebst Speer und Schwert. Damit sollte an-
gebeutet werden, daß die Braut die Pflichten ihres Gatten, der Landwirt und
Krieger war, mit ans sich nehmen müffe.
Die Kindererziehung war streng und lag, solange die Kinder klein waren,
in den Händen der Mutter. Dann unterrichtete der Vater die heranwachsenden
Knaben im Gebrauche der Waffen, während die heranwachsenden Mädchen von
der Mutter in den häuslichen Obliegenheiten ausgebildet wurden. Sämtliche
Familienmitglieder standen unter der Gewalt unb dem Schutze (altb. munt =
Hanb; vgl. unser „Vormund") des Hausvaters^).
Hervorstechende Eigenschaften. Von den römischen Schriftstellern, namentlich
Cäsar und Tacitus (Erst. Hauptteil S. 98 u. 107), werben unsere Vorfahren als
fteiheitliebenb unb unerschütterlich tapfer, femer als gastfreunblich, treu,
ehrlich unb unverborben gerühmt unb ben entarteten Römern als Muster vor¬
geführt. „Bei ben Germanen", sagt Tacitus, „vermögen gute Sitten mehr als
x) Unumschränkter Herr (muntwalt) der Gesamtfamilie war der Hausvater. Wurde
ein Kind geboren, so legte es die Amme vor die Füße des Vaters. Dieser konnte es
aufheben oder abweisen. Wies er es ab, so wurde es ausgesetzt. Hob er es auf und gab
es der Amme zurück (daher die Bezeichnung „Hebamme"), so erklärte er damit, daß er
es aufziehen wolle. Nun gab der Vater dem Kinde den Namen und weihte es durch
Wasser.
In den ersten Lebensjahren gehörten die Kinder ganz der Mutter, die sie nährte,
kleidete, badete usw. Bei schlechtem Wetter, wenn es draußen stürmte und tobte, oder
an den langen Winterabenden drängten sich die Kleinen am traulichen Herdfeuer um
die Eltern oder die Großeltern und lauschten gespannt den Erzählungen derselben von
Göttern und Helden, von den Vorfahren und ihren Taten, von Land und Leuten u. dgl.
So wurden die Keime der Religion, der Heimat- und Volkskunde in die Kinderseelen
gelegt. Dxr Umgang mit Knechten und Mägden, mit den Hörigen und deren Kindern
bewahrte die Herrenkinder vor Hochmut und Überhebung.
Die reiferen Knaben wurden dann vom Vater im Waffenschnitzen und -schmieden,
in Speer- und Gerwurf u. dgl. unterwiesen und wohl auch mit auf die Jagd genommen.
Die Mädchen halfen der Mutter im Haushalt, lernten den Spinnwirtel, den Webstuhl,
den Mahlstein handhaben und mußten im Bedarfsfall (z. B. zur Erntezeit) wohl auch
in der Feldwirtschaft mit Hand anlegen. Waren die Mädchen erwachsen, so traten sie
durch Brautkauf und Hochzeit unter die „munt" eines anderen Mannes und verließen
an der Seite des Gatten das Vaterhaus. Die erwachsenen Söhne wurden in der Volks-
Versammlung wehrhaft gemacht und begründeten sich dann durch Heirat einen eigenen
Hausstand.