64. Alexanders Zug nach Indien (Am Hydaspes). 75
Am Hydaspes. „Die Ereignisse mit Porus hat Alexander
selbst in seinen Briefen näher beschrieben. Nach seinem Berichte floß
der Hydaspes zwischen den beiderseitigen Lagern in der Mitte; Porus
stellte auf dem gegenüberliegenden Ufer seine Elefanten auf und wartete
immer mit gespannter Aufmerksamkeit auf den Übergang. In einer
stürmischen, mondlosen Nacht nahm Alexander einen Teil seines Fuß-
Volkes samt den tapfersten Reitern und rückte mit denselben vor, um
sodann in größerer Entfernung von dem Feinde auf eine nicht sehr
große Insel überzusetzen. Hier entlud sich jedoch ein fürchterlicher Platz-
regen; Windstöße und Blitze überfielen das Heer massenhaft; Alexander
sah, wie so mancher Soldat umkam und von den sengenden Blitzstrahlen
getötet wurde. Aber dennoch brach er von der kleinen Insel Wieder¬
aus und suchte das gegenüberliegende Ufer zu erreichen.
„Der Hydaspes war durch das Gewitter in seinem Laufe wild
aufgeregt und hoch angeschwollen, sodaß ein bedeutender Uferriß ent-
stand und ein großer Teil des Stromes sich dorthin wälzte. Alexander
selbst gewann zwar den mittleren Raum, doch ohne sicheren Stand-
Punkt, weil der Boden mit fortglitt und ringsum zusammenbrach. Die
Soldaten verließen nun die Flöße und mit den Waffen in der Hand
überschritten sie die ausgerissene Stelle, wobei ihnen das Wasser bis
an die Brust reichte. Nach dem Übergange ist Alexander dem Fuß-
Volk 20 Stadien weit mit den Reitern vorausgeeilt. Er selbst erzählt,
daß er dabei so gerechnet habe: Griffen ihn die Feinde mit der bloßen
Reiterei an, so würde er weitaus die Oberhand behalten; würden sie
aber ihre Phalanx anrücken lassen, so werde sein eigenes Fußvolk noch
frühe genug bei ihm eintreffen.
„Der erstere Fall ist wirklich eingetreten. Alexander hat eine
Abteilung von 1000 Reitern und 60 Streitwagen, auf die er stieß, in
die Flucht geschlagen, die Streitwagen insgesamt weggenommen und von
den Reitern 400 getötet. Daran hat Porus deutlich gemerkt, daß
Alexander selbst den Fluß überschritten hatte. Porus ist also mit der
gesamten Streitmacht herangerückt. Nicht ohne Besorgnis vor den
Elefanten und der feindlichen Übermacht ist Alexander selbst auf dem
einen Flügel unter sie hineingestürmt, während sein Unterfeldherr den
rechten angriff. Auf beiden Seiten ward die Flucht allgemein; trotz
des tapfersten Widerstandes mußte sich der Feind auf die Elefanten
zurückziehen und dort zusammendrängen, weshalb hier der Kampf in
größter Verwirrung fortgesetzt wurde, bis ihn endlich die Feinde (aller-
dings erst um die achte Stunde) aufgaben.
„Alle diese Nachrichten verdanken wir dem Helden der Schlacht
selbst, der sie uns in seinen Briefen berichtet.
„König Porus wurde gefangen. Alexander fragte ihn, wie er ihn
behandeln solle? — „Königlich!" erwiderte Porus. Auf die nochmalige