66. Die Kultur des „Hellenismus.". 79
Kriegern und Beamten über Ägypten und ganz Westasien verbreitet.
' (In griechischer Sprache lehrten später auch die Apostel und die^Bucher
des Neuen Testamentes wurden in der „Weltsprache" der Hellenen
aufgezeichnet.) — Aber auch umgekehrt wurde die griechische Geistes-
im'Verkehr mit dem Orient durch viele neue Anschauungen und
Ideen bereichert. Neue Länder und Meere wurden erforscht, neue
Pflanzen und Tiere entdeckt, neue Völker mit ihren Sitten und Ge-
brauchen kennen gelernt; reiche wissenschaftliche Schätze bargen die Tempel
und Königsburgen des Morgenlandes: sie wurden von griechischen
Gelehrten eifrig studiert und dem europäischen Geistesleben zugeführt.
So stellt sich der durch den Einfluß Alexanders entstandene
„Hellenismus" als eine Mischkultur dar, gebildet aus griechischen
und orientalischen Ideen. Von Alexander bis Christus gab das
„hellenistische" Heidentum der Welt das Gepräge. In Athen, Per-
gamum, Rhodus, Antiochia und Alexandria hat dasselbe
seinen prägnantesten Ausdruck gefunden.
Rhodus und Alexandria galten als Mittelpunkte des europäischen
Handels (der Koloß von Rhodus; der Leuchtturm auf der Insel Pharns).
Die Künste blühten vor allem in Rhodus und Pergamum (Laokoon-
gruppe; Königsburg und Zeustempel zu Pergamum, Artemistempel zu
Ephesus, Mausoleum zu Halikarnaß). Als Hauptsitz ber Wissenschaft
zeichnete sich neben Athen und Antiochia besonders AlerititDrift ans.
(Unermeßlich waren die Reichtümer, die durch den mächtig ent¬
wickelten Handel hier zusammenströmten) Künste und Wissenschaften
fanden unter der Herrschast der Ptolemäer' die eifrigste Förderung.
Die von ihnen begründete Bibliothek war die größte der damaligen
Zeit; sie bewahrte mehr als eine halbe Million der bedeutendsten und
Tastbarsten Papyrusrollen und Pergamenthandschriften aller Kultur-
Völker des Altertums^ Die klassischen Dichtungen der Griechen und
Römer, wie die Geheunwissenschasten der chaldäischen und ägyptischen
Priester und die Lehren der griechischen Philosophen — alles war hier
vereinigt. Groß war die Zahl der Gelehrten, die am Hofe der Ptolemäer
Anerkennung und Förderung ihrer wissenschaftlichen Arbeit fanden.
Von der ernsten Lehre der Stoiker, die gleich Sokrates und
Plato die Tugend und die getreneste Pflichterfüllung als das im Leben
Erstrebenswerteste bezeichneten, fühlten sich die Bewohner der reichert
Handelsstädte der hellenistischen Zeit nicht angezogen. Sie huldigten
viel lieber der heiteren Lebensanschauung des Philosophen Epiknr
der die irdische Glückseligkeit, des Lebens Lust und Freuden als das
Höchste hinstellte. Angeregt durch Aristoteles, fanden die Natur-
Wissenschaften (Botanik, Zoologie und Physik), sowie die Arzneikunst
und die Mathematik nebst der Astronomie ganz besondere Pflege; all
das war ja besonders geeignet, den materiellen Besitz und damit die