Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

Karl der Große. 111 
ihm in hoher Achtung; auch sorgte er streng dafür, daß ihnen im ganzen 
Lande der Zehnte gezahlt wurde; ebenso schenkte er zum Bau von 
Kirchen und Klöstern große Geldbeträge. Zur Verbesserung des Kirchen¬ 
gesanges ließ er aus Italien Orgeln kommen und brachte selbst zwei 
Gesanglehrer von dort mit, die Singschuleu anlegen mußten. Aber 
die rauhen Kehlen der Franken gewöhnten sich nur schwer an den 
Kirchengesang; ihren Gesang verglichen die italienischen Gesanglehrer 
mit dem Geheul wilder Tiere und mit dem Rumpeln eines Last¬ 
wagens, der über einen Knüppeldamm fährt. Um die heilige Schrift 
verständlicher zu machen, ließ Karl einen Teil derselben in die deutsche 
Sprache übersetze»; die Predigten mußten in deutscher Sprache gehalten 
werden. Um die geistige Bildung seiner Völker zu heben, legte Karl 
Schulen au, die mit den Kirchen und Klösteru verbunden waren, 
und in denen Lesen, Schreiben und die christliche Lehre die Haupt¬ 
gegenstände des Unterrichts ausmachten. Zu Lehrern berief er geschickte 
Männer aus England und Italien. Der größte war Alkuin, ein 
Angelsachse von Geburt. Ein Vorbild für alle Schulen des Landes 
' sollte die Hofschule sein, die sich immer da befand, wo sich der Kaiser 
aufhielt, und die von allen Knaben am Hofe, armen und reichen, 
besucht werden mußte. Karl hörte dem Unterrichte oft zu, ließ sich 
die Arbeiten der Kinder vorlegen, lobte die fleißigen und tadelte die 
trägen Schüler. Der Vervollkommnung der Muttersprache widmete 
Karl alle Sorgfalt. Die Geistlichen mußten dafür sorgen, daß das 
Volk das Vaterunser und das christliche Glaubensbekenntnis in deutscher 
Sprache lernte; er ließ die altdeutschen Volks- und Heldenlieder sammeln 
und gab den Winden und Monaten deutsche Namen. 
Zur Beförderung von Handel und Verkehr baute Karl bei 
Mainz eine Rheinbrücke und bei Boulogue (spr. Bulonj) in Frankreich 
einen Leuchtturm; ja, er versuchte sogar, den Main mit der Donau 
durch einen Kanal zu verbinden; dieser Aufgabe waren aber seine Werk¬ 
meister nicht gewachsen. Doch sorgte er dafür, daß die vorhandenen 
Verkehrsstraßen sicher waren, und legte neue an. Der Handel wurde 
fast nur von Italienern und Juden betrieben; der freie Deutsche griff 
lieber zum Schwert oder zum Pflug. Auch den Gewerben, die in 
Deutschland nur von Hörigen betrieben wurden, wandte Karl seine 
Sorgfalt zu und zeigte auf seinen Gütern, wie sie am besten betrieben 
werden könnten. Um den Ackerbau zu fördern, ließ er neue Dörfer- 
anlegen, Wälder ausroden und Sümpfe trocken legen. Zur Pflege der 
Landwirtsc&aft errichtete er auf seinen Gütern Musterwirtschaften, in 
denen die strengste Ordnung herrschen mußte. Er selber war ein tüchtiger 
Landwirt und gab die genauesten Anweisungen über die Pflege der 
Haustiere und Bienen, über die Wein- und Bierbereitung, über die 
Aufbewahrung der Wintervorräte, über Feld- und Gartenbau. Die 
Gutsverwalter mußten ein genaues Verzeichnis über alle auf dem 
Gute vorhandenen Gegenstände einreichen; Karl prüfte die Rechnungen,
	        
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