Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

Karl der Große. 113 
Karl lebte in Friedenszelten stets in seiner Familie; er aß mit 
Frau und Kindern zusammen und führte sie auf allen seinen Reisen 
mit sich. Das war sehr lästig, denn er hatte keinen festen Wohnsitz, 
sondern war fast immer auf Reisen. Am liebsten wohnte er in Aachen. 
In dieser Stadt ließ er die Marienkirche, das herrlichste Bauwerk im 
ganzen Frankenlande, errichten, ebenso eine große Pfalz, und über den 
warmen Quellen daselbst baute er eine Badeanstalt. Andere berühmte 
Pfalzen baute Karl in Nimwegen an der Waal und in Ingelheim, 
zwischen Mainz und Bingen. 
Die letzten Lebensjahre wurden dem alten Kaiser durch Krankheit 
und den Verlust seiner beiden ältesten Söhne getrübt. Als er sein Ende 
nahen fühlte, machte er sein Testament. In demselben waren die Armen 
reichlich bedacht; den Geistlichen seines Reiches vermachte er ein Drittel 
seines Vermögens an Geld, Hausrat und Kostbarkeiten. Dann berief 
er seinen Sohn Ludwig und die Großen seines Reiches nach Aachen 
und stellte seinen Sohn als Nachfolger in der Kaiserwürde vor. Hieraus 
begab er sich in die Marienkirche, wohin ihm die ganze Versammlung 
' folgte; dort fnieete er vor dem Hauptaltare zu inbrünstigem Gebete 
nieder, erhob sich wieder und legte seinem Sohne in einer ergreifenden 
Rede die Pflichten eines Kaisers ans Herz. „Willst du, mein Sohn," 
so fuhr er fort, „alle diese Pflichten gewissenhaft erfüllen?" — „Ja. 
mit Gottes Hilfe!" war die Antwort. „Wohlan denn, setze dir selbst 
die Krone auf, und stets möge sie dich an dein Versprechen erinnern!" 
Daraus befahl er allen Anwesenden, seinen Sohn von jetzt an Kaiser 
zu nennen. Bald nachher ward der alte Kaiser krank und starb mit 
den Worten: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!" Noch 
an demselben Tage ward er in der Marienkirche zu Aachen begraben. 
Man setzte den Leichnam auf einen goldenen Thron in vollem Kaiser¬ 
schmuck, aus dem Haupt die goldene Krone und ein Stück vom heiligen 
Kreuze; in der Hand hielt er einen Kelch, an der Seite hing das 
Schwert, um die Hüfte die goldene Pilgertasche; zu den Füßen lagen 
Scepter und Schild, aus den Knieen ein Evangelienbuch. Noch jetzt 
ist die Grabstätte an einer einfachen Marmorplatte kenntlich, welche 
die kurze Inschrift trägt: Carolus Magnus (Karl der Große). 
e. Ludwig der Fromme, der jüngste Sohn und Nachfolger Karls 
des Großen, war sehr gutherzig und der Kirche zugethan, hatte aber 
zu wenig Willenskraft, das große Reich zu regieren; doch hat er für 
kirchliche Zwecke viel gethan, weshalb er auch den Beinamen der 
Fromme erhalten hat. Um das Christentum auch in Dänemark, 
Schweden und Norwegen zu verbreiten, gründete er das Erzbistum 
Hamburg, und von hier ging der fromme Mönch Anfchar, der 
Apostel des Nordens, aus; als Hamburg von den Normannen 
verwüstet wurde, ward dies Erzbistum mit Bremen vereinigt. Ludwig 
teilte schon wenige Jahre nach seiner Thronbesteigung das Reich unter 
seine drei Söhne Lothar, Pippin und Ludwig; als ihm aus zweiter 
Hvffmeyer und Hering, Hilfsbuch. 7. Aufl. q
	        
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