68 Die schlesischen Landschaften.
dnrchbrüche waren nach dieser Ansicht also vor der Entstehung des Hirschberger
Talbeckens da.
Die Vertreter der andern Ansicht über die Entstehung des Hirschberger Tales
behaupten, der Bober sei erst durch die Grunauer Pforte geflossen, habe aber durch
Aufschüttung von Terrassen sich selbst genötigt, in die Sattlerschlncht abzufließen,
die schon vorher vorhanden, aber durch Inlandeis verstopft gewesen sei.
Zur Eiszeit ist sicher beinahe das ganze Tal vergletschert gewesen. Das Inland¬
eis ist von Norden ins Tal hereingedrungen, hat aber nur die Gegend von Erd-
mannsdorf, Stonsdorf und den Scholzenberg bei Warmbrunn erreicht. Die
Gebiete nördlich dieser Linie weisen sämtlich Geschiebelehm auf, dessen Geschiebe meist
aus dem Bober-Katzbach-Gebirge, aber auch ans der Goldberger und Löwenberger
Gegend stammen. Der südliche Teil des Tales aber war vom Gebirge her vereist.
Die Zungen der Gebirgsgletscher reichten bis etwa 900, die „flnvio-glazialen Gebilde"
aber viel tiefer herunter. Zu ihnen gehören z. B. der sogenannte Wolfshauer
Schuttkegel, der an der Vereinigung von Blacknitz und Kleiner Lomnitz endet,
sowie die Terrassen der Lomnitz und des Zacken. Danach entstand zwischen bcn
beiden Gletschergebieten ein eisfreies Terrain, hauptsächlich bei Giersdorf. Hier
stauten sich die Schmelzwässer der Gebirgsgletscher an den Moränen des Inlandeises,
und so entstand ein Binnensee, auf dem einstmals Eisberge schwammen und zuzeiten
der ganze Farbenreiz der Arktis erschienen sein muß. Von diesem Gletschersee legen
noch heute die Sümpfe, Moore unb Teiche südlich von Warmbrunn Zeugnis ab.
Der fruchtbare Geschiebelehm int nördlichen und die immerhin auch
fruchtbare Verwitterungskrume des Granits im südlichen Teile des Hirschberger
Tales ermöglichen in ihm einen lebhaften Ackerbau, der freilich am Abhang
des Gebirges recht mühsam wird. Langzeilige Dörfer, die sich an den Flüssen
hin und durch die Lücken im südlichen Rande des Bober-Katzbach-Gebirges
bis aus dessen Hochfläche hinaufziehen, geben durch die schmucke Bauart ihrer
Gehöfte zu erkennen, daß der Ackerbau auch lohnend ist.
Der eigentliche Wohlstand des Hirschberger Tales beruht aber doch ans
der Großindustrie.
Der Holzreichtum des Gebirges in Verbindung mit den reichen Wasser¬
kräften ließ überall an den Flüssen die sogenannten „Holzschleifen" ent¬
stehen, in denen der Rohstoff zur Papierfabrikation hergestellt wird. Papier-
selbst wird in Arnsdorf, Petersdorf, Cunnersdorf und Eichberg fabriziert,
und zwar betrug im Jahre 1904 im ganzen Handelskammerbezirk Hirschberg,
zu dem auch der Kreis Schönau gehört, die Gesamtproduktion 36 Mill. kg
im Werte von 8—9 Millionen Mark.
In Verbindung mit Quarzfundstätten in den Bergen hat der Holzreich¬
tum des Gebirges zu einer regen Glasindustrie im Hirschberger Tale Ver¬
anlassung gegeben. Ihre Mittelpunkte find Petersdorf, wo die Heckertsche
Fabrik eine ständige Ausstellung ihrer Industrie-Erzeugnisse unterhält, und
vor allem die Josephinenhütte in Schreiberhau. Sie bezog früher ihr Quarz-
material nur vom Weißen Flins am Hochstein und stellt weltberühmte Lnxns-
waren her. Sie beschäftigte im Jahre 1900 an 330 Arbeiter und fertigte
für 450000 Mark Glaswaren an. Zum Schleifen und Polieren der Glas¬
erzeugnisse wird die Wasserkraft des Zacken und feiner Nebenflüsse benutzt;
darum sind auch die Bewohner von Schreibcrhan, Agnetendorf, Hermsdorf
und Warmbrnnn vielfach Glasschleifer.
Wald, Wiese und Wasser endlich haben gemeinsam die schwunghafte
Leinenindustrie des Tales hervorgerufen. Sie findet durch Leinenfabriken