Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

148 Das Mittelalter. 
gtefen den Seeweg nach Indien durch die Umfchiffung Afrikas zu 
finden suchten, tauchte der Gedanke auf, dasselbe Ziel müsse durch 
eine Fahrt in entgegengesetzter Richtung zu erreichen fein. Dieser 
Gedanke wurde von Christoph Kolumbus lebhaft erfaßt und 
glücklich ausgeführt. 
Er wurde wahrscheinlich in Genua geboren. Schon mit dem 14. Jahre 
ging er zu Schiff; durch die Entdeckungsfahrten der Portugiesen angelockt, 
ging er nach Lissabon und besuchte die neu entdeckten Inseln Madeira, die 
kanarischen Inseln und die Azoren. Auf diesen Reisen wurde ihm die Ver¬ 
mutung, man müsse auch nach Indien kommen, wenn man westlich, gerade 
in das offene Meer hineinsteuere, durch mancherlei Erscheinungen zur festen 
Überzeugung. Portugiesische Seefahrer hatten zuweilen seltenes Rohr, künstlich 
geschnitzte Stäbe, ja einmal sogar Leichname von eigentümlicher Bildung von 
Westen her an die Küsten der Azoren antreiben sehen. Es war der feurigste 
Wunsch des Kolumbus, selber eine Entdeckungsreise nach Westen machen zu 
können; deshalb wandte er sich um Unterstützung an den König von Portugal, 
aber ohne Erfolg. Da ging er zum Könige von Spanien, der damals einen 
langen Krieg zur Unterwerfung der Mauren im südlichen Spanien führte. 
Dieser nahm Kolumbus achtungsvoll auf und legte dessen Plan einigen 
gelehrten Männern zur Prüfung vor. Von diesen mußte Kolumbus seltsame 
Einwendungen hören. Die einen meinten, je weiter er fahre, desto tiefer 
müsse er ja von der großen Wasserkugel hinabgleiten, wie er nun wieder 
herauskommen wolle? Andere fragten ihn, ob er sich denn für klüger halte 
als alte die Millionen Menschen vor ihm; wenn es dort im Westen noch ein 
Land gäbe, hätten es die Menschen sicher schon gefunden. 
c. Erste Reise des Kolumbus. Endlich, nach acht Jahren des 
Wartens, erhielt Kolumbus drei schlecht gebaute Schisse mit 90 Mann, 
die alle ungern und gezwungen mitfuhren. Im Sommer 1492 stieß 
die kleine Flotte unter dem Zurufe unzähliger Zuschauer vom Ufer 
ab. Glücklich wurden die kanarischen Inseln erreicht; dann gelangte 
sie bald in das Gebiet des Passatwindes, vor welchem die Schiffe 
rasch dahinglitten. Der unveränderlich in derselben Richtung wehende 
Wind beunruhigte die Mannschaft; sie meinte, man werde nicht wieder 
zurückfahren können. Aber Kolumbus wußte sie zu beruhigen; auch 
täuschte er sie über die wirkliche Größe des zurückgelegten Weges. 
Anfang Oktober flogen Scharen von Vögeln in südwestlicher Richtung 
vorüber; dieselbe Richtung schlug auch Colnmbus ein; denn er war 
bisher immer westlich gesegelt Von jetzt an mehrten sich die Anzeichen 
des nahen Landes; man fing z. B. einen Baumast mit roten Beeren 
und einen künstlich geschnitzten Stab auf. Die ganze Mannschaft war 
in gespannter Erwartung. Die Sonne war eben untergegangen; 
Kolumbus befahl, sorgfältig Wache zu halten, damit sie nicht etwa 
auf Klippen getrieben würden. Abends gewahrte er ein Licht, aber 
es verschwand wieder. Da, als der Morgen des 12. Oktober anbrach, 
feuerte das voranfsegelnde Schiss einen Kanonenschuß ab, und „Land!" 
„Land!" erscholl es aus dem Mastkorbe. Alle waren voll Wonne und
	        
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