Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten

Friedrich Wilhelm und Luise. 255 
38. Friedrich Wilhelm III. 
(Bis zu den Freiheitskriegen.) 
1) Ariedrich Wilhelm und Luise. 
Friedrich Wilhelm III. war der Sohn Friedrich Wilhelms II. 
Seine erste Jugend fällt noch in die Zeit Friedrichs des Großen, 
der zu dem Knaben eine große Liebe hegte. Einst sprach er zu ihm: 
„Es wartet großes auf Dich; ich fürchte, Du wirst einmal einen 
schweren Stand haben. Wache über unsere Ehre und unsern Ruhm: 
begehe keine Ungerechtigkeit, dulde aber auch keine." Das üppige Leben 
am Hofe seines Vaters war dem Prinzen aufs äußerste zuwider; seine 
Erzieher gewöhnten ihn frühzeitig an Sparsamkeit. Als Familien¬ 
vater erzählte er später seinen Kindern: „Ich erhielt zu meinem Ge¬ 
burtstage ein Reseda-Töpfchen, sechs Dreier an Wert, uud wollte mein 
Hofmeister mir etwas zu gute thun, so ließ er mir für einen Groschen 
Kirschen geben." In dem Kriege gegen die französische Revolution 
zeigte der Prinz wiederholt persönliche Tapferkeit; aber auf dem 
Rückzüge, der dem preußischen Heere 12000 Mann kostete, lernte er 
das Elend des Krieges in furchtbarer Weise kennen, und dieses Bild 
prägte sich seiner Seele tief ein. 
Auf diesem Feldzuge sah Friedrich Wilhelm seine künftige Ge¬ 
mahlin Luise zum erstenmal. Sie war am 10. März 1776 zu 
Hannover geboren, wo ihr Vater, der Herzog Karl von Mecklenburg- 
Strelitz, damals englisch-hannoverscher Feldmarschall war. Sie und 
ihre Schwester Friederike galten für die beiden schönsten Fürstentöchter 
Deutschlands. Der Kronprinz verlobte sich mit Luise und sein Bruder 
mit Friederike; am heiligen Abend (1793) fand die Hochzeit des kron- 
prinzlichen Paares statt. Als Luise in Berlin einzog, zeigte sich ihre 
leutselige Weise gleich bei dem fröhlichen Empfange des Volkes. Eine 
Schar weißgekleideter Mägdlein begrüßte sie festlich, und eins der¬ 
selben überreichte ihr einen Myrtenkranz und sprach dabei einige nied¬ 
liche Verse. Da neigte sich Luise uud küßte es herzlich. Weil dies 
aber gegen die Hofsitte verstieß, sagte die Oberhofmeisterin in vor¬ 
wurfsvollem Tone: „Was haben Königliche Hoheit gethan? das ist 
gegen allen Anstand!" Betroffen fragte Luise: „Darf ich denn das 
nicht mehr thun?" 
Trotz der strengen Hofsitte, die das höfische „Sie" vorschrieb, 
gebrauchten Friedrich Wilhelm und Luise im Verkehr untereinander 
das trauliche „Du". Die Kunde davon drang zum Könige, der seinen 
Sohn darüber befragte, aber die Antwort erhielt: „Mit dem Du weiß 
man doch immer, woran man ist; dagegen bei dem Sie ist immer 
das Bedenken, ob's mit einem großen S geschrieben wird. oder mit 
einem kleinen." Am liebsten weilte das glückliche Ehepaar fern vom
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.