Der Zerfall des Frankenreiches und der Ausgang der Karolinger. 67
zweite derselben, der den Namen des Vaters trug, gestorben
war, bemächtigte sich Karl der Kahle seines Erbes, mußte aber
im Jahr 870 im Teilungsvertrag von Meersen den nörd¬
lichen Teil davon, nämlich das Land auf dem rechten Ufer der
oberen Mosel und der Maas, an Ludwig den Deutschen abtreten.
Die endgültige Grenze zwischen dem Ost- und dem West¬
reich, wie sie dann das ganze Mittelalter hindurch galt, wurde
im Jahr 880 durch den Vertrag von Ribemont2) geschaffen,
dem zufolge Karls des Kahlen Enkel auch das übrige Loth¬
ringen an das Ostfränkische Reich abtraten.
II. Die Karolinger in Westfranken (bis zum Jahr 987).
Am längsten, freilich aber auch am jämmerlichsten herrschten
die Karolinger des Westfränkischen Reiches. Wiederholt mußte
Karl der Kahle den Abzug der Normannen, die auf den schiff¬
baren Flüssen bis tief ins Binnenland eindrangen, durch Zahlung
von Tribut oder mit Landverleihung erkaufen. Nach Kaiser
Ludwigs II. Tod eilte er sofort nach Italien, um von dem
Land Besitz zu ergreifen, und ließ sich in Rom zum Kaiser
krönen. Seine Söhne und seine beiden ältesten Enkel3) starben
rasch hinweg. Der dritte Enkel, Karl der Einfältige, gewann
gegen Ende des Jahrhunderts das Reich seiner Väter wieder
und vererbte es auf seine Nachkommen, bis es im Jahr 987
an einen der Großen des Reiches, den Herzog Hugo Cap et
von Franzien, überging. Im Jahr 911 mußte Karl der Ein¬
fältige die Bretagne und die (von da an so benannte) Nor¬
mandie dem Normannenführer Rollo abtreten, der dafür zum
Christentum übertrat und den Schutz des Westfrankenreiches
gegen weitere Einfälle heidnischer Normannen übernahm.
III. Die Karolinger in Ostfranken (bis zum Jahr 911).
A. Die echten Karolinger (bis zum Jahr 887).
1) Ludwig IH., der Deutsche, 843 bis 876: Von den
Söhnen Ludwigs des Frommen aus erster Ehe war der jüngste,
*) Dorf in der niederländischen Provinz Limburg, nordöstlich von
Maastricht.
a) Dorf an der oberen Oise, nordöstlich von Saint-Quentin.
3) Einer derselben ist Ludwig III., der Held des Ludwigsleiches,
■der seinen Sieg über die Normannen bei Saucourt (südwestlich von der
Sommemündung) verherrlicht.