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aber sagte: „Ich bin nicht gekommen, mein Land zu verbrennen, sondern
zu retten." Die Feinde räumten in eiliger Flucht die Mark. Sie
hatten im ganzen dreitausend Mann verloren, der Kurfürst zweihundert.
Im Volke hieß Friedrich Wilhelm seitdem der „Große Kurfürst" und
erregte überall in Deutschland die größte Bewunderung.
Er setzte den Krieg gegen die Schweden fort, belagerte und eroberte
Stettin und Stralsund und jagte die Feinde aus Pommern hinaus. Aber
beim Friedensschlüsse mußte er trotzdem alles wieder herausgeben, da ihm der
Kaiser Vorderpommern nicht gönnte.
4. Der Kurfürst als Regent und Landesvater. Ebenso Großes
wie als Kriegsheld leistete Friedrich Wilhelm in Werken des Friedens.
Wie seine Nachfolger Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. bevölkerte
auch er die öde und leer gewordenen Gegenden des Landes mit Ansiedlern
aus Süddeutschland, Holland und der Schweiz, ließ Sandwüsten urbar machen,
Sümpfe austrocknen, Kanäle graben und unterstützte die Leute bei ihrer
Arbeit. Auch auf Baumpflanzungen hielt er viel. Er ließ ein Gebot aus¬
gehen, kein junger Bauer dürfe heiraten, wenn er nicht mindestens sechs
Obstbäume gepropst und ebensoviele Eichbäume gepflanzt habe.
Um den Handelsverkehr zu fördern, legte er den nach ihm benannten
Friedrich Wilhelms-Kanal an, der die Oder mit der Spree verbindet.
Er richtete zwischen Memel und Kleve, dem östlichsten und westlichsten Punkte
seines Landes, eine Reitpost ein. Später begründete er sogar eine kleine
Kriegs- und Handelsflotte. Im fernen Afrika kaufte er von einem
Negerhäuptling ein Stück Land an der Meeresküste und baute daselbst die
Niederlassung Groß-Friedrichsburg. Später hat Friedrich Wilhelm I.
diese Kolonie, wie man die fremde Besitzung nannte, an die Holländer verkauft.
Berlin, das einem traurigen großen Dorfe ähnlich gesehen hatte,
machte der Kurfürst zu einer schönen Stadt und vergrößerte es bedeutend.
5. Ter Kurfürst als Familienvater. Das Leben Friedrich Wilhelms
war äußerst musterhaft. Er war überall thätig. Wenn er nicht Regierungs¬
geschäfte besorgte, so arbeitete er im Garten, kaufte mitunter auf dem Markte
selbst ein oder sah zu, wie es seinen Unterthanen erging.
Unterstützt wurde er dabei von seiner Gemahlin Luise Henriette,
einer frommen und überaus mildthätigen Frau, die von ihrem Volke hoch¬
verehrt wurde. Leider mußte sie frühe aus dem Leben scheiden. Aber auch
die zweite Gemahlin Friedrich Wilhelms, Dorothea, hat ihm helfend zur
Seite gestanden.
6. Des Kurfürsten letzte Tage und Tod. Beinahe siebzig Jahre
alt war der Große Kurfürst geworden, als ihn im Jahre 1688 das schlimme
Übel befiel, an dem auch viele spätere Zollern gestorben sind, die Wassersucht.
Als er sah, daß es mit ihm zu Ende ginge, berief er den Kurprinzen und
seine Räte zu sich.
„Ich halte dafür", so sagte er, „daß ich zum letzten Male diesem
Rate beiwohne; denn die Schwachheit meines Leibes hat überhand genom¬
men, und die Sanduhr meines Lebens wird bald abgelaufen sein.