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Das Mittelalter.
§48.
aus England unter den Friesen und den Sachsen, aber mit geringem
Erfolge. Die Arbeit der Glaubensboten gestaltete sich mühsam und langwierig.
Manches in der neuen Lehre, wie die Feindesliebe, die Demütigung Christi,
die Gleichheit der Menschen, wollte den stolzen, kampflustigen Germanen
schwer einleuchten. Am besten half es, wenn sie sahen, daß ihre Götter
ohnmächtig waren, daß der Christengott Kraft und Sieg verlieh (vgl.
Chlodwig in der Alemannenschlacht), daß der Zauber, den Christen über
ihre Waffen sprachen, sich wirksam zeigte. Doch gaben die Germanen ihre
Götter nicht leicht auf, auch wenn sie den neuen Glauben annahmen,
und in vielen Gegenden bestand lange Zeit hindurch ein heidnisch-christ¬
licher Mischglaube.
2. Bonifatius. Die größten Fortschritte machte das Christentum in
Deutschland zur Zeit Pippins durch den Angelsachsen Winfried, ge-
nannt Bonifatius, den „Apostel der Deutschen". Nachdem er vergeblich
versucht hatte, die Friesen zu bekehren, ging er nach Rom, trat mit dem
Papste, den er als Oberhaupt der Kirche verehrte, in Verbindung und
ließ sich von ihm das innere Deutschland als Missionsgebiet anweisen.
Von Karl Matteil und Pippin beschützt, wirkte er mit großem Erfolge
in Thüringen und Hessen. Bei Geismar (in der Nähe von Kassel)
fällte er eine dem Donar geweihte Eiche, worauf sich viele taufen ließen.13)
Wie aus dieser Eiche, so wurden im ganzen Lande hölzerne Kirchen
erbaut. Neben der Kirche erhob sich die Wohnung des Geistlichen; auch
Vasallen und Handwerker bauten ihre Häuser und legten dadurch den
Grund zu einer künftigen Stadt. Im ganzen Fränkischen Reiche ordnete
Bonifatius die kirchlichen Verhältnisse und knüpfte die deutschen Bis-
tümer fest an den römischen Stuhl. Zuletzt residierte er als Erzbischos
in Mainz; sein Lieblingsaufenthalt aber war das von ihm gegründete
Kloster Fulda. Im Greisenalter wurde er auf einer Bekehrungsreise
754 von heidnischen Friesen erschlagen. Seine Gebeine sind in Fulda
beigesetzt.
3. Die Klöster. Das Klosterwesen, dessen Anfänge in Ägypten bis ins
4. Jahrhundert zurückreichen, erhielt im Abendland eine festere Gestaltung
durch die Regel, die Benedikt von Nursia 529 dem von ihm gegründeten
Kloster in Kampamen gab. In Deutschland entstanden mit der Einführung
des Christentums im 7. und im 8. Jahrhundert zahlreiche Klöster. Zu den
berühmtesten gehören das von dem heiligen Gallus gegründete St. Gallen
(Bild 21, vgl. auch Bild 22), Reichenau und Fulda. — Fromme Angel¬
sächsinnen gründeten zur Zeit Winfrieds Nonnenklöster, die ebenfalls
der Benediktinerre^el unterstellt wurden. Lioba, eine Verwandte des
Bonifatius, war Äbtissin des Klosters Bischofsheim an der Tauber.
Beten und Arbeiten bildete den Lebensinhalt der Mönche und der
Nonnen. Schon die Sorge für den Lebensunterhalt gab den Mönchen
Beschäftigung genug. Sie verwandelten wüste Strecken in fruchtbare