Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren (Teil 3)

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b. Beginn der Eroberung Preußens. 
Lateinische Chronik von Oliva, aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts. In den 
scriptt. rer. Pruss. V. Bei Zurbonsen a. a. O. S. 136. 
In jener Zeit wurden die Länder der Christen, nämlich das Land von 
Kulm, Löban, Masovien und Kujawieu durch die Einfälle der Preußen 
bedrängt, entvölkert und verbrannt; die Männer wurden getötet, die Weiber 
und Jungfrauen entehrt und gefangen und in ewige Sklaverei geschleppt. 
Um dieselbe Zeit, im Jahre des Herrn 1224, wurde der Konvent von Oliva 
durch die pomesanischen Preußen von Oliva nach Danzig entführt und dort 
von ihnen zu Tode gemartert. Als das Herzog Konrad, der Herr dieser 
Länder, sah und den Bedrängnissen und Nöten dieser Art keinen Widerstand 
leisten konnte, berief er nach dem Rate seiner Krieger einige geistliche Ritter, 
die sog. Ritter Christi, und übergab ihnen die Burg Dobriu, um die Einfälle 
der Heiden aufzuhalten; denn schon waren die Länder Kulm und Löban gänzlich 
verödet; doch richteten jene Brüder nichts aus und vermochten dem Übermute 
der Preußen nicht zu widerstehen. Deshalb hielt der genannte Fürst einen 
heilsameren Rat mit dem Cistercienser Christian, dem ersten Bischof von 
Kulm, und mit den andern Bischöfen und Edlen in seinem Herzogtnme, und 
auf die Kunde von den Brüdern des Deutschen Hauses schickte er (1226) 
Boten zum Bruder Hermann von Salza, dem Meister dieser Brüder, 
und ließ ihn inständig bitten, einige Brüder seines Ordens in seine Länder 
zu entsenden, um die Wildheit der Preußen zu zügeln; den Orden und die 
Brüder, die er ihm zu schicken sich entschließen würde, versprach er bestimmt 
zu lohnen.,. 
Nach Überlegung und reiflicher Beratung wurde daher Bruder Konrad 
von Landsberg mit einem andern Bruder nach Kujawieu zu dem genannten 
Herzog geschickt, der alsbald nach dem Rate seiner Krieger und Bischöfe und 
unter voller Zustimmung der Herzogin und seiner Söhne Boleslaw, Kasimir 
und Semowit ihnen und ihrem Orden im Jahre des Herrn 1226 das Land 
Kulm und Löban zu ewigem und erblichem freien Besitze überließ, auf daß 
sie sich wie eine Mauer zur Verteidigung der Christenheit gegen jene Heiden 
stemmten. 
Mit Hilfe des Herzogs errichtete also der genannte Bruder Konrad auf 
dem gegenüberliegenden Ufer der Weichsel, wo jetzt die Stadt Thorn liegt, 
ans einem Hügel eine Verschanzung, die er Vogelsang nannte, und begann 
von hier aus die Feindseligkeiten gegen die Preußen. Nachdem er aber das 
Geschehene dem genannten Meister, dem Bruder Hermann von Salza, berichtet 
hatte, sandte dieser ihm den Bruder Hermann Balk mit fünf andern Brüdern 
mit mehreren Kriegs knechten. Als diese zugleich in Vogelsang angekommen 
waren, errichteten sie nach dem Rate jenes Herzogs und seiner Krieger die 
Burg Nessau, und von dieser Burg aus unterhielten sie fast fünf Jahre hin¬ 
durch fast tägliche Kämpfe mit den Preußen. Später aber, im Jahre des 
Herrn 1231, gingen der Landmeister, Bruder Hermann Balk, und seine 
Bruder tritt dem genannten Herzoge Konrad und andern fremden Getreuen 
über dte Wetchsel in das Kulmer Land, und am Ufer der Weichsel errichteten 
sie auf einer laubreichen Eiche ein Bollwerk, umzogen sie mit einem Graben 
und gründeten nach dem Namen dieser Befestigung dort eine Stadt. Spater 
aber verpflanzten sie in kurzem Burg und Stadt von dort dahin, wo jetzt 
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