§109.
V. Vom Sturze Napoleons I. bis zum Jahre 1871.
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schlechtem erzählen von den ruhmreichen Taten ihrer Vorfahren um Sedan.
Wären in jenem Kampfe die Franzosen Sieger geblieben, so wäre der Aus-
gang des ganzen Krieges zweifelhaft geworden. Vielleicht hätten sich dann
die französischen Kriegsscharen über die deutscheu Länder ergossen und dort
wieder dieselben Verwüstungen angerichtet, die sie sich in frühern Zeiten und
noch zu Anfang des letzten Jahrhunderts haben zuschulden kommen lassen.
Dann wäre wahrscheinlich das Deutsche Reich nicht glorreich neuerstanden,
und der Friede Europas wäre von einem siegreichen Frankreich stets
gefährdet geblieben.
Wir haben darum allen Grund, dankbar zu sein gegen Gott, der
unsern Fahnen den Sieg verliehen hat, gegen Unsre tapfern Truppen,
die mit ihrem Herzblut den Sieg erkauft haben, und gegen unsre er-
tauchten Heerführer, die den Truppen den Weg zum Siege gezeigt hoben1).
7. Der Sturz Napoleons III. Als in Paris die Kunde von der
Schlacht bei Sedan eintraf, wurde Napoleon des Thrones verlustig erklärt
und in Frankreich zum dritten Male die republikanische Staatsform ein-
geführt. Dem abgesetzten und kriegsgefangenen Kaiser wies König Wilhelm
das Schloß Wilhelms höhe bei Kassel als Aufenthaltsort an. Durch
den Friedensschluß 1871 erlangte er die Freiheit wieder. Er begab sich
nach Chiselhurst in England, wo er im Jahre 1873 starb.
8. Der Kampf gegen die Französische Republik. Die republikanische
Regierung in Frankreich stellte vier neue Armeen ins Feld; die erste
wurde im Norden, die zweite an der Loire, die dritte an der Ost-
grenze und die vierte zum Schutze von Paris aufgestellt. Paris wurde
von den Deutschen eingeschlossen. Am 27. September fand die Übergabe
von Straßburg, am 27. Oktober die von Metz statt. Dadurch wurden
die deutschen Streitkräfte, die diese Festungen belagert hatten, frei zur
Verwendung gegen die neuen republikanischen Heere. Die französische
Loirearmee wurde von dem bayrischen General von der Tann, dem
Prinzen Friedrich Karl und dem Großherzog von Mecklenburg
bei Orleans und in andern Gefechten besiegt und durch die Schlacht
bei Le Maus vernichtet. Orleans und Tours wurden besetzt. Die
Nordarmee erlitt das gleiche Schicksal durch die Schlachten bei Amiens
und St. Qnentin durch die Generale v. Mantenffel und v. Goebeu;
Mantenffel und Werder zwangen die Ostarmee durch die dreitägige
Schlacht bei Moutbeliard und Belfort, sich auf schweizerisches Gebiet
zu retten. Im Kampfe gegen Garibaldi ging bei Dijon dem 61. In-
fanterieregiment die Fahne verloren, die einzige deutsche Fahne, die in
feindliche Hände fiel. Auch sie wurde keinem Lebenden genommen; die
Feinde fanden sie unter einem Hügel toter Soldaten^). Da auch Paris
Vgl. Geibel: Am 3. September 1870.
2) Vgl. Wolff, I.: Die Fahne der Einundsechziger.