§ 5 u. 6.
II. Die Völkerwandrung.
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II. Die Völkerwandrung.
§ 5. Stämme und Völkervereine.
Die Germanen zerfielen in eine große Anzahl von Stämmen. So
viel Regierungsbezirke die heutige preußische Monarchie zählt, so viel
Stämme mag es früher in diesen Gegenden gegeben haben. Häufig ge-
nannt werden die Ubier, die Bataver, die Friesen, die Sngambrer oder
Sigambrer, die Cherusker. Die Ubier wohnten in der Gegend von Cöln,
die Bataver in Holland zwischen Rhein und Waal, die Friesen an der
Nordseeknste zu beiden Seiten der Emsmündung, die Sigambrer im Süden
der Lippe, die Cherusker im Flußgebiete der Mittlern Weser. Einen gemein-
samen Namen hatten diese Stämme nicht; von den Nachbarn haben sie
den Gesamtnamen Germanen bekommen.
Im 3. Jahrhundert u. Chr. vereinigten sich verwandte Stämme zu
Völkervereinen. Die Kämpfe mit den Römern mögen sie dazu ge-
zwuugeu haben. So entstanden die Völkervereine der Alemannen, der
Franken, der Sachsen, der Goten, der Burgunder, der Thüringer,
der Bayern. Die Alemannen wohnten im heutigen Elsaß und in Baden,
die Franken in der Rheinprovinz, Belgien und Nordfrankreich, die Sachsen
zwischen Rhein und Elbe in den heutigen Provinzen Westfalen, Hannover
und Sachsen, die Goten zwischen Don und Theiß im heutigen Südruß-
laud, Rumänien, Siebenbürgen und Ungarn; die Burgunder zogen von
den Gestaden der Ostsee in die Gegend von Worms und von da nach
Frankreich in das Flußgebiet der Rhone und Saone.
§ 6. Lilder ans der Völkerwandrung.
1. Die Hunnen. Im Jahre 375 erschien ein wildes Volk an den
Grenzen Europas und erstritt sich neue Wohnsitze. Dieses Volk waren
die Hunnen. Aus der Mongolei kamen sie. Sie lebten meist auf ihren
Rossen; zu Roß hielten sie ihre Beratungen; rohes Fleisch ritten sie mürbe
und genossen es. Furchtbar war ihr Aussehen und wild ihre Sinnesart.
Zuerst stießen sie auf die Goten. Sie besiegten diese, nahmen ihnen
Wohnplätze ab und zwangen sie, ihnen Heeresfolge zu leisten. In Ungarn
nahmen sie Standquartier. Von dort zogen sie durch Germanien, Gallien
und die Besitzungen des Römischen Reiches. Brennende Städte und Dörfer
bezeichneten ihren Weg.
Der mächtigste und zugleich der furchtbarste König der Hunnen war
Attila. Etzel wird er in der alten Sage genannt, Gottes Geißel
nannten ihn die Christen. Attila zog um die Mitte des 5. Jahrhunderts
verheerend durch Germanien und Gallien bis zur Marne. Dort trat ihm