Full text: Das Alterthum (Theil 1)

160 Zweite Abtheilung. Zweiter Abschnitt.' 
auch von dort als Sieger zurückkehrte. Tod und Unterwelt sind in 
der ältesten Zeit die furchtbarsten Begriffe, und ein Sterblicher setzt 
sich die Krone des Heldenmutes auf, wenn er die Schrecknisse des 
Todes unerschüttert besteht, wenn er den Hades besiegt, und dies 
ward bildlich durch ein siegreiches Hinabsteigen des Lebenden in die 
Unterwelt vorgestellt. Zum Zeichen seines Sieges brachte er vor den 
entsetzten Eurystheus den Wächter der Unterwelt, den dreiköpfigen 
Höllenhund Cerberus, der, als er losgelassen wurde, heulend wieder 
zur Tieft hinabeilte. 
3. Des Helden Fall, Auferstehen und Verklärung. 
Bisher sahen wir den Helden nur in seiner Größe, aber 
der Dichter muß ihn auch fehlen lassen, denn auch der Vortreff- 
lichste theilt das Loos aller Sterblichen, und gerade der Tüchtigste 
kommt zu Falle, erhebt sich aber wieder aus demselben. Vom Biß 
des Höllenhundes verfällt der Held in Wahnsinn, verübt in dem- 
selben heillose Thaten, und das delphische Orakel legt ihm als Buße 
auf, daß er drei Jahre als Sklave der Lhdierkönigin Omphale 
diene. Diese Königin aber war eine Suhleritt, und der Sinn der 
Dichtung ist also: Herkules giebt sich den Reizungen der Wol- 
lust hin (tote der Simson der biblischen Geschichte), und er, das 
Ideal männlicher Kraft, verfällt in sträfliche Verirrung; er legt sogar 
die Kleider des Weibes an und setzt sich an den Spinnrocken, toäh- 
rend dieses sich mit seiner dem nemeischen Löwen abgewonnenen 
unverwundbaren Löwenhaut bedeckt und mit des Riesen Keule spielt; 
er ermannt sich aber und fährt in seiner Heldenlausbahn fort. Der 
Mythus schließt mit der Aufnahme des vielgeprüften Helden in den 
O lymp; wie alle Sterblichen erliegt er der Qual und stirbt, aber 
geläutert und mit Here versöhnt steigt er zum Himmel. Er 
hatte dem Flußgotte die schöne Dejanira abgerungen, welche er einst 
auf der Reise durch den Centaur Neffus über einen angeschwollenen 
Fluß tragen ließ. Jener, ein Wesen, das unten Roß mit vier 
Füßen, oben Mensch mit zwei Armen war, wollte am jenseitigen 
User die Dejanira entführen, wurde aber von dem vergifteten Pfeile 
des Herkules zum Tode getroffen und sann im Sterben noch auf 
Rache. Er gab ihr sein wollenes, mit seinem Blute getränktes Ge- 
wand, und sie verfertigte aus der Wolle desselben ihrem Gatten ein 
schönes Festkleid mit der Absicht, dadurch nach Anweisung des Nessus 
sich die Liebe ihres Gemahls zu sichern, dessen Untreue sie eifersüchtig 
fürchtete. Dieses Nessushemd bereitet ihm entsetzliche Schmerzen 
und bringt ihm unheilbare Krankheit, daher baut er sich selbst einen 
Scheiterhaufen, läßt ihn von feinem Freunde anzünden und 
endet fein thatenreiches Leben durch einen selbstbereiteten Tod im 
Feuer. Allein das Göttliche, was von seinem Vater her in ihm 
wohnte, konnte nicht verderben; nur was er Sterbliches von der
	        
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