Full text: Das Alterthum (Theil 1)

12 Erste Abtheilung. Zweiter Abschnitt. 
lonier, wurden zugleich im besondern Sinne Chaldäer genannt, hoch- 
berühmt durch ihre astronomischen Kenntnisse (Kenntniß des Sonnen- 
jahres und der Sonnenuhr, Berechnung der Mondfinsternisse) und die 
mit ihrem Gestirndienste zusammenhängende Astrologie, besonders 
die Nativitätstellerei, welche auf der abergläubischen Annahme beruht, 
daß die Stellung der Gestirne bei der Geburt eines Menschen aus 
die Schicksale des Neugebornen Einfluß hätte. Die chaldäischen Könige 
leiteten ihre Abkunft von den höchsten Landesgöttern ab, von B a a l, 
dem befruchtenden Sonnengotts und der Mondgöttin Baaltis 
(Mylitta, bei den Phöniziern Aschern), der gebärenden Naturkraft, 
deren mit sinnlichen Ausschweifungen verbundener Cultus sitten- 
verderbenden Einfluß hatte. — Seit dem 13. Jahrhunderte waren 
die Babylonier von Norden her durch die Assyrer von dem Groß- 
könig zu Ninive beherrscht. 
2) Das Reich der Assyrer. 
Altassyrien und seine Eroberungen; Ninns und Semiramis. Massyriens 
Niedergang. 
§ 12. Zwischen dem Hochlande Armeniens im N., dem Plateau 
von Iran im O., im W. vom Tigris begrenzt und im S. bis 
Mesopotamien (im engern Sinne) am mittler» Laufe des Euphrat 
und Tigris sich erstreckend, liegen die von den Alten Assyrien 
genannten Landschaften, die nicht so fruchtbar, aber gesünder 
waren, als Babylonien. Die Assyrer wurden das erste er- 
obernde Volk in Vorderasien, das eine Jahrhunderte lange 
Herrschaft über die Nachbarvölker ausübte. Iran, Medien und 
Bactrim, alles Land bis zum Indus, Armenien und Babylonien 
wurden unterworfen, und seit der Mitte des 13. Jahrhunderts 
waren die Assyrer unzweifelhaft die Herrscher im Flußthale des 
Euphrat und Tigris. Alle Heldenthaten, durch welche diese Herr- 
schaft begründet wurde, drängt die Sage um die beiden Gestalten 
1250. des Ninus und der Semiramis zusammen, so daß für die Nach- 
folger nichts übrig bleibt, als ein thatenloses Leben in Ueppigkeit 
und Weichlichkeit, bis der letzte derselben einem Ausstande erlag. 
Der Kern der Semiramis-Sage ist aber folgender: Ninus, der 
Gründer der assyrischen Macht, hatte lange vergebens Bäkkra, die 
Hauptstadt Bactriens, belagert. Da bemerkte Semiramis, das Weib 
eines königlichen Beamten, eine unbewachte Stelle der Burg und 
erstieg dieselbe mit einer im Felsklettern geübten Schaar, so daß in- 
folge dessen die Stadt sich ergab. Ninus erhub das kühne Weib 
zu seiner Gemahlin und hinterließ ihr seine Herrschaft. Sie übertraf 
alle Männer an Tapferkeit und führte ein ungeheures Heer gegen 
die Inder. Der feindliche König verwundete ihren Arm durch einen 
Pfeilschuß; sie wendete sich, die Letzte unter den Ihrigen, zur Flucht
	        
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