Full text: Das Mittelalter (Teil 2)

Die Vorbereitung einer neuen Zeit. 287 
der Portugiesen; sie wurden besonders gefördert durch den Prinzen 
Heinrich, den Seefahrer, und schreiten weiter vor an der Westseite 
Afrikas zur Entdeckung der Azoren. Eingebrachte Negersklaven und 
Goldstaub erhöhen die Aussicht auf Gewinn und damit den Entdeckungs- 
eifer. Es wird das grüne Vorgebirge erreicht, 1471 wird der Äquator 
überschritten, Bartholomäus Diaz dringt in stürmischer Jahreszeit bis 
zum Kap der guten Hoffnung 1486 vor, und 1497 wird dieses durch 
Vasco de Gama umschifft, welcher Calicut in Ostindien erreicht. Mit 1498. 
Tapferkeit wird die erste portugiesische Niederlassung in Cochin behauptet, 
es werden Goa, Malakka und die Molnkken erobert, später Niederlassungen 
auf Ceylon und den größeren Snnda-Inseln angelegt und gewinnreiche 
Handelsverbindungen mit China und Japan angeknüpft. 
Diese neuen Entdeckungen hatten die wichtigsten Folgen für den 
Welthandel, der aus Land- in Seehandel umgewandelt wurde. „Die 
alten Handelswege wurden verlassen und neue eröffnet, dadurch aber 
der Rang der europäischen Staaten völlig verändert. Die Länder am 
Mittelmeere — und mit ihnen Deutschlands bisherige Handelsstellung — 
sanken in gleichem Grade, wie die am Atlantischen Ozean stiegen. Venedig 
insbesondere sah den ostindischen Handel, den es bisher fast allein betrieben 
hatte, in die Hände der Portugiesen und Holländer übergehen und mußte 
sich allmählich auf den Küstenhandel des Ädriatischen Meeres beschränken. 
Spanien erhob sich zur ersten europäischen Macht nnd ging nebst Portugal 
den übrigen ozeanischen Mächten mit der Ausführung eines ausgedehnten 
Kolonialsystems voran, durch welches die Europäer ihre Herrschaft 
und mit dieser zugleich europäische Zivilisation über alle Erdteile ans- 
gebreitet haben. 
Die Entdeckung der neuen Welt eröffnete nicht nur dem Handel 
und der Industrie ein unermeßliches Feld neuer Spekulationen, ver- 
mehrte die Masse der Metalle, erhöhte den Wert der Dinge, verfeinerte 
den Luxus und die Sitten, sondern schloß auch den wissenschaftlichen 
Forschungen ein neues, unermeßliches Gebiet auf, verdoppelte den Be- 
wohnern der alten Welt die Werke der Schöpfung. Die nautische Astro¬ 
nomie, die physische Geographie im weitesten Sinne, die Geologie der 
Vulkane, die beschreibende Naturgeschichte haben seitdem ihre Gestalt 
durchaus verändert. Niemals hat eine rein die Körperwelt betreffende 
Entdeckung durch Erweiterung des Gesichtskreises eine außerordentlichere 
und dauerndere Veränderung in geistiger Beziehung hervorzurufen vermocht, 
nie hatte der Mensch das Bedürfnis lebendiger gefühlt, die Natur zu 
beobachten und die Mittel zu vervielfältigen, durch welche sie mit Erfolg 
zu befragen ist." (R. Lorentz.)
	        
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