2. Kapitel: Begründung der brandenb.-preuß. Macht ic. 201
durch Hoftitel und Unterstützungen geschickte Handwerker und zog Bau-
meister aus Holland herbei. Die noch sehr ärmliche Residenz,
Cölln a. Spree und die Schwesterstadt Berlin, begann durch
ihn sich schon einigermaßen zu heben. Von ihm und seiner zweiten
Gemahlin Dorothea sind die Friedrichsstadt, Friedrichswerder und
Dorotheenstadt begründet, zur Lindenallee pflanzte die Kurfürstin den
ersten Baum; die Einwohnerzahl stieg aus 20 000. Wie sehr hier alles
noch aus den ursprünglichsten Zuständen heraus erst werden mußte,
zeigen folgende Beispiele. Eine Straßenordnung befahl: Wer Unrat
auf die Straßen wirft, dem soll er vom Gassenmeister wieder in's
Haus geworfen werden. Um den Straßenkot der noch ungepflasterten
Straßen zu mindern, mußte jeder zu Markte fahrende Bauer heimwärts
eine Fuhre Kot mitnehmen. Zur Straßenbeleuchtung mußte immer
das dritte Haus eine Laterne aushängen; jeder Hausbesitzer mußte die
Straße bis zur Mitte derselben auf eigene Kosten pflastern lassen.
Das verfallne kurfürstliche Schloß ließ Friedrich Wilhelm reparieren,
die bisher in einem der Türme untergebrachten Gefangenen daraus
entfernen, einen Lustgarten nach holländischer Art anlegen; seine
Hauptbauten sind die Schlösser zu Potsdam und Oranien-
bürg. Letzteres erhielt den Namen zu Ehren seiner ersten Gemahlin,
der frommen und edelsinnigen Luise Henriette von Oranien,
der Dichterin des Liedes: „Jesus, meine Zuversicht", die ihren Gemahl
voll Aufopferung stets begleitete und ihn bei allen seinen Unter-
nehmungen mit klugem Rate unterstützte, so daß er sie nach ihrem
frühen Tode oft schmerzlich vermißte. Friedrich Wilhelm hat Großes
geleistet: das Land vergrößerte er von 1370 auf 1930 Quadratmeilen,
die Einwohnerzahl stieg von 900 000 auf 1500000; aus dem Zu¬
stande der Unkultur und der Zerrissenheit in zahlreiche
Sonderwesen erhob er es als ein weiser, strenger, uner-
müdlicher Selbstherrscher zu einem einigen Staatswesen
mit vorher ungeahnten Machtmitteln und europäischem
Ansehen.
3) Die EntWickelung des preußischen Königtums unter
den beiden ersten Königen.
Erhaltung der Staatseinheit, Erwerbung und Bedeutung der
preußischen Königskrone, Ländererwerbungen unter Knrfürst Friedrich dem III.
oder König Friedrich dem I.
§ 81. Die Macht und Gewalt, die der große Kurfürst hinterließ,
enthielt für seine Nachfolger eine starke Aufforderung zum
Weiterschreiten. Friedrich III., als König Friedrich L, 1688-(1701)
der Nachfolger des großen Kurfürsten, obwohl an körperlicher und 1713
geistiger Kraft seinem Vater nachstehend, hat sich dieser Arbeit nicht
entzogen, sondern in eigentümlicher und folgenreicher Weise Macht und
Ansehen seines Hauses und Staates erhöht. Dem alternden und