Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

mit ihm machen mit ein paar Franken, um den Brummbär still zu machen. 
Der aber nimmt mich wie die Katze eine Maus unter den Arm und 
wirft mich die Treppe hinunter, daß ich nicht gewußt habe, ob ich fliegen 
gelernt oder noch gehen muß. Alle Knochen taten mir weh. Da wird 
Alarm geschlagen, und wir müssen schnell fort. Ich war schon drei 
Stunden weit weg. Da fällt mir ein, daß ich mein Geld bei dem 
groben Mann habe liegen lassen, denken Sie, die ganze Kasse von sechzig¬ 
tausend Franken! Ich war ganz desperat; denn der General sagte, er 
werde mich erschießen lassen, wenn ich das Geld nicht hätte. Da kommt 
eine Ordonnanz und sagt, ein Mann sei da, der mich sprechen wolle. 
Ich komme heraus, da steht der Bursche da von dem groben Deutschen 
und — ich muß weinen, wenn ich daran denke — hat das ganze Geld, 
kein Sou hat gefehlt, und bestellt einen Gruß vou ihm, und er läßt 
fragen, wie rnir's geht, und mir gute Besserung wünschen!" „Das ist 
sehr schön!" riefen sie wie aus einem Mund; denn die Franzosen haben 
einen seinen Sinn für Edelmut, „das ist ein braver Mann!" „Ja, es 
ist sehr schade, daß ich seinen Namen nicht weiß. Ich habe ihm schon 
schreiben wollen; denn er hat mir mein Leben gerettet!" 
Der Leser mag sich's denken, wie es dem Registrator geworden 
ist, bald warm, bald kalt; ja wahrhaftig, das war der Quartiermeister, 
dem er auf deutsch expliziert hatte, was Ehrlichkeit sei. 
Der Registrator stand auf; dem Neffen, der nichts von der Sache 
wußte, ward's bang, aber der Onkel sagte ihm: „Nur zufrieden, du wirst 
gleich was sehen." Und damit trat er hinein und stellte sich dem Quartier¬ 
meister gegenüber, faßte ihn ins Auge und sagte laut und ernst: „Herr 
Quartiermeister, kennen Sie mich noch?" Die ganze Gesellschaft schaute 
hin, der Angeredete aber blickte nur einen Augenblick ihn an, dann rief 
er: „Mein Gott, er ist's, er ist's!" und stand auf und sprang an dem 
großen Mann herauf und küßte ihn, daß der Registrator fast verlegen 
wurde. „Er hat mir das Leben gerettet, meine Freunde!" Endlich 
machte sich der Registrator los und sagte: „Das war nur meine Pflicht. 
Aber, um Vergebung, spüren Sie noch etwas von dem Fall an Ihrem 
Körper?" „Nein, nein," sagte der Franzose, „aber ich habe die gute 
Lehre nicht vergessen, Gott sei Dank, und bin jetzt ein ehrlicher Mann 
geworden." Aber nun drang er in ihn, bei ihm zu bleiben in seinem 
Hause, brachte ihn seiner Frau und seinen Kindern und sagte: „Küßt 
dem Herrn die Hand, das ist mein Retter!" Er ließ sich's nicht 
nehmen, ihn überall hinzuführen. Arm in Arm ging der kurze, dicke 
Quartiermeister mit dem stämmigen Registrator durch die Straßen von 
Paris, und die zwei radebrechten ein Deutsch und Französisch miteinander, 
daß es einen Stein hätte erbarmen mögen. Er hielt ihn ganz frei die 
drei Wochen seines Aufenthalts und nahm rührenden Abschied von ihm, 
als er heimkehrte.
	        
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