IV. Auflösung des Reiches (180—284).
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Ptolemäos und Galenos vollendeten im 2. Jh. jener die antike
Astronomie (§ 61), dieser die Medizin (im 5. Jh. v. Chr. hatte
Hippokrates gelebt).
c) Religion und Philosophie. Dem weltbürgerlichen Zuge der
Zeit gemäß fanden in Rom alle möglichen Kulte, der persische
Mithradienst, der ägyptische Isis- und Serapiskult, die syrischen u. a.
Kulte Aufnahme; auch das Judentum fand zahlreiche Anhänger.
Die gesamten Kulturverhältnisse erzeugten einerseits Aberglauben
und die Neigung für Mystik und Wunder, anderseits neben plattem
Unglauben eine philosophische und religiöse Geistesrichtung, die
zu monotheistischen Vorstellungen führte und dem Christentum,
das anfangs nur in den niederen Gesellschaftsschichten Eingang
fand, auch die höheren Kreise öffnete.
XV. Auflösung des Reiches (180—284).
1. Die politischen Verhältnisse.
Mit Commodus begann eine Zeit verheerender Kämpfe um
die kaiserliche Gewalt. Die Soldaten erhoben Kaiser und er¬
mordeten die erhobenen; auch dem Senat gelang es zu Zeiten
seine Männer auf den Thron zu bringen. Die Kaiser entstammten
meistens den Provinzen. Wir begegnen unter ihnen kraftvollen
Persönlichkeiten, wie Septimius Severus, seinem wilden Sohne
Caracalla, Severus Alexander, Decius, Claudius, Aure¬
lian, Probus, aber auch Erscheinungen, wie dem~wahnwitzigen
Elagabal.
Unter diesen Umständen erfolgten zahlreiche Angriffe der
Barbaren: im Norden und Westen der Germanen, im Osten des
im 3. Jh. entstandenen neupersischen Reiches der Sassa-
niden.1
Diese Angriffe hatten den Verlust mehrerer Gebiete zur Folge:
Dacien und das Zehntland mußten den Germanen überlassen
werden. Bei dem Sinken der kriegerischen Kraft der Bürger
konnte sich die Regierung nur dadurch helfen, daß sie Germanen
in Massen in das Heer aufnahm: eine große Gefahr für das Reich.
1) Die Kultur des Sassanidenreiches, in dem die Zarathuschtra-Religion
wieder erstand und das Avesta gesammelt wurde, ist von außerordentlicher
Bedeutung geworden. Diese Kultur haben die Araber geerbt.
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