Bauernkrieg.
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unterworfen waren, daß sie zu den Diensten, den Zehnten und den
Zinsen, die er bisher von ihnen gefordert, sich fortan nicht mehr ver¬
stehen könnten; denn sie wären frei. Sie überfielen ihn und plünderten
seine Klöster. Eine solche Erscheinung war nicht neu; schon lange vor
dem Beginn der Reformation hatten sich hie und da Bauern verbun¬
den zu gewaltsamen Ausstande gegen ihre Herren; jetzt aber drohte der
Aufruhr allgemein zu werden. Wie ein Lauffeuer verbreitete er sich am
Rheine hin, durch Hessen und Thüringen und war gegen die geistlichen und
weltlichen Herren gerichtet. In Haufen von mehreren Tausenden strichen
die Bauern umher, sielen in das Gebiet des Adels ein, plünderten und
zerstörten die Burgen und verübten die furchtbarsten Greuelthaten.
Verschmitzte Männer, die aus diesem ordnungslosen Treiben Nutzen ziehen
wollten, z. B. Thomas Münzer, stellten sich an ihre Spitze und die
Unruhen breiteten sich über einen großen Theil Deutschlands aus. Die
Bauern hofften, Luther werde augenblicklich für sie das Wort nehmen.
Wirklich hielt er nach seiner Gerechtigkeitsliebe den Herren vor, wie viel
schmähliches Unrecht sie an. den armen Leuten begangen hätten, aber
er wies *auch die Untergebenen in scharfer Rede auf ihre Pflicht zurück
und auf das göttliche Gebot: „Jedermann sei unterthan der Obrigkeit"
und „Ihr Knechte, gehorchet euren Herren, nicht allein den gütigen und
gelinden, sondern auch den wunderlichen." Die Bauern achteten seiner
Mahnung nicht, denn ein aufrührerischer Mensch pflegt auf die StimnK
der Vernunft, pflegt auch auf die Warnung des göttlichen Wortes
nicht zu hören. Es kam die Kunde von immer größeren Gräueln, die
durch die Rotten der Bauern verübt wurden; man erzählte sich, daß
unter ihnen die Rede sei von Einführung der Gütergemeinschaft, von
einer allgemeinen Gleichheit, die herbeigeführt werden müsse, von einem
Umsturz aller bisherigen Verhältnisse, von einer Umwandlung des gan¬
zen deutschen Reichs. Wie ein Schwert ging es durch Luthers Seele,
als er sah, daß seine reine Sache der Kirchenlä'uterung mit diesem ver¬
brecherischen Aufruhr der Unverständigen vermengt werde. Im heftig¬
sten Zorne trat er nun gegen die räuberischen und mörderischen Bauern
auf und forderte in leidenschaftlicher Hitze: sie todt zu schlagen wie tolle
Hunde. Kaum ein Jahr währte der Bauernkrieg. Innerhalb dieser
Zeit waren 130,000 Bauern erschlagen worden; die Felder waren mit
Menschenblut getränkt, viele Burgen der Ritter lagen in Trümmern,
Dörfer waren in Schutthaufen verwandelt, Städte zum Theil nieder¬
gebrannt, ganze Länder verheert, die Vorräthe vernichtet oder zerstreut,
Jammer und Elend ward ausgesät, — die gewöhnliche Saat des
Aufruhrs; und die Ernte? Jammer und Elend!