Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

164 Buch VI. Afrika. 
afrika, so daß hier alle Lasten auf dem Rücken der Menschen befördert werden 
müssen. In der Südspitze des Erdtheils besaßen die Ureinwohner schon vor 
der Entdeckung des Erdtheils durch die Europäer große Heerden gezähmten 
Rindviehs und gebrauchten die Ochsen als Reit- und Lastthier. Auch die jetzt 
zwischen ihnen angesiedelten Europäer sind wesentlich Heerdenzüchter. Die 
Einführung des Schafes ist besonders Vortheilhast gewesen, indem das Capland 
dadurch zu einem der ersten Wollproductionsländer der Erde geworden ist. 
Nach Norden setzt das Vorkommen der giftigen Tsetsefliege der Ausbreitung 
der Rindviehzucht eine Grenze. — Madagaskar zeigt sich auch in Beziehung 
aus die Thierwelt als eine dem Kontinent sehr entfremdete Provinz. Seine 
Formen nähern sich denen Indiens. Charakteristisch ist der Mangel großer 
Raubthiere, der Dickhäuter und der ächten Affen, für welche die eigenthüm¬ 
lichen Formen der Halbaffen auftreten. 
§. 64. Einwohner. Die Einwohnerzahl des Erdtheils wird auf 150 
bis 200 Millionen geschätzt. Sie gehören vier Rassen an: der kauka¬ 
sischen, äthiopischen, südafrikanischen und malayifchen. Zur kaukasi¬ 
schen Rasse gehörten ursprünglich nur die Bewohner Nordafrikas von 
Aegypten und Nubien im Osten bis zum Atlantischen Meere im Westen. 
Diese Völker, grammatisch nah verwandte Sprachen redend, dic^ sich 
dadurch auszeichnen, daß die Modifikationen der Nomina und Verba 
durch Vorsatzsilben gebildet werden, bilden den dritten, hamitifchen 
Zweig der kaukasischen Rasse. Zu ihnen gehörten zuerst die alten Aegypter, 
als deren wesentlich unvermifchte Nachkommen wir die heutige Land-^. 
bevölkerung Aegyptens, die Fellahs, anzusehen haben; sie reden frei¬ 
lich die arabische Sprache. Ein Theil von ihnen, die Kopten, etwa 
150000 an Zahl, sind dem Christenthum treu geblieben und besitzen 
noch die heiligen Schriften in koptischer d. H. ägyptischer Sprache, 
obwohl sie gleich den Fellahs längst arabisch reden; dadurch ist es mög¬ 
lich geworden, die altägyptifchen in demotifcher und Hieroglyphenschrift 
geschriebenen Inschriften und Urkunden zu entziffern. — Weiter nach 
Westen saßen im Alterthume zahlreiche Einzelvölker desselben Stammes, 
von denen wir nur die später sogen. Numider d. i. „Nomaden", jenes 
kühne Reitervolk nennen, welches in den karthagisch-römischen Kriegen eine 
so bedeutende Rolle spielte. Ueber dieser Grundlage haben sich mehrere 
jüngere Völkerschichten ausgelagert. In Aegypten fand in Folge der 
Eroberung Alexanders des Großen eine zahlreiche griechische und spater 
eine römische Einwanderung statt. Die hohe technische Entwickelung der 
Aegypter und ihr aufs Praktische gerichteter Sinn, vereinigt mit dem 
Kunstsinn und dem wissenschaftlichen Streben der Griechen, ließ unter 
den vielen Anregungen des großartigen Völkerverkehrs, der hier, ini 
Mittelpunkt des Welthandels der alten Welt, sich entfaltete, eine neue 
Periode der Kulturgeschichte beginnen und Die schönsten Blüthen trei¬ 
ben: Astronomie, Mechanik, Geographie, Grammatik, Literaturgeschichte 
treten von nun als selbständige Wissenschaften aus. Rom entlieh nur, 
was hier geschaffen war. — Schon unter den spätern römischen Kai- 
fern waren einzelne Araberstämme, unter dem Namen der Saracenen, 
mit ihren Kamelheerden in die ägyptischen Grenzgebiete eingedrungen;
	        
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