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welche mit Tauben und Papageien gestickt war. Diese Haube hatte eine
Nonne gestickt. Schwester unb Mutter schmückten beit Knaben noch mit
seinem Linnengewand. einem. Kettenwams nnb Schwert, mit Tasche uub
Gewand und einem schönen Überrock von blauem Tuch mit golbneit,
silbernen nnb krystallnen Knöpfen verziert; sie leuchteten hell, wenn er
zum Tanze ging; die Nähte waren mit Schellen besetzt; so oft er tm
Reihen sprang, klang es den Frauen durch die Ohren.
Als der stolze Knabe so geschmückt war, sprach er zu seinem Vater:
„Jetzt will ich zu Hofe gehen, gicb auch du, lieber Vater mein, mir
etwas zur Hilfe." Der Vater erwiderte: „Wohl könnte ich dir einen
schnellen Hengst kaufen; aber, lieber Sohn, laß ab von der Fahrt nach
Hofe; Hofbrauch ist hart für ben, ber ihn nicht von Jugeub gewöhnt ist.
Nimm den Pflug und baue mit mir die Hufe, so lebst und stirbst du in
Ehren. Bei Hofe leidest du Hunger, mußt hart liegen und alle Liebe
entbehren, dort wirst du der Spott der rechten Hofleute, vergebens suchst
du es ihnen gleich zu thuu, und wieder trifft bich ber größte Haß des
Bauern; am liebsten wird er an dir rächen, was ihm die anderen vor-
nehmen Räuber genommen haben." Der Sohn aber sprach: „Schweig,
lieber Vater, nimmer sollen mir deine Säcke den Kragen reiben, nimmer
lade ich Mist auf beiuen Wagen; meinen langen krausen Locken, meinem
schönen Rock uub meiner gestickten Haube stäube das übel an. Soll ich
drei Jahre über einem Füllen ziehen ober einem Rinb, bei ich boch alle
Tage meinen Raub haben kann? Ich treibe frembe Rinber über b:e Ecke
unb führe bie Bauern bei ihrem Haar bitrch die Zäune. Eile, Vater, ich
bleibe nicht länger bei dir." Da kaufte der Vater den Hengst und sprach:
„O weh, verlornes Gut! Mich reut es, baß ich bich erzogen habe."
So zog ber Sohn bavon. .
In ber Frembe lernte er bas Stehlen unb Ranben meisterhaft.
Nach einem Jahre nahm er Urlaub von seinem Ritter nnb kam_ in seines
Vaters Haus. Alles lief zusammen, Knecht unb Magb riefen rncht:
„Sei willkommen, Helmbrecht!" bas war ihnen wiberraten, sie sprachen:
„Mein junger Herr, seib Gott willkommen!" „Viel liebe Susterkinbekin".
gab er zur Antwort, „göt läte inch immer snelic sin!" Auch bie Schwester
eilte ihm entgegen unb umfing ihn. „Gratia rester!" gab er ihr zum
Gruße. Den Vater begrüßte er ,,Dieu vous salue!" Zur Mutter Jagte
er auf böhmifch: „Dobraytra!" Beibe sahen sich barob an, die Haus-
frau sprach: „Herr Wirt,'wir irren, es ist nicht unser beiber Kinb, es ist
ein Böhme ober Wende." Der Vater rief: „Es ist ein Wälscher; mein
Sohn, den ich Gott befahl, ist es nicht, so ähnlich er ihm steht", und
seine Schwester Goteliud sprach: „Es ist nicht euer Sohn, zu nur redete
er lateinisch, es muß wohl ein Pfaffe fein", unb der Knecht meinte: „Er
scheint mir in Sachsen oder Bravant zu Hause, er sprach „ick" und
„Kinbeken". Da rief ber Wirt mit ichlichter Rebe: „Bist bu's. mein
Sohn Helmbrecht? Ehre deine Mutter unb mich, sprich ein Wort nach
unfrer Vorfahren Sitte, fo will ich bir selbst beiuen Hengst abzäumen!"
Da gab ber Reiter zur Antwort: „Ey waz fakent ir gebürekin unb jenez
gunerte w!s? mm parit, miiieit klaren lif fal beHein gebürik man zware
nimmer gripen an!" (b. h. Was sagt ihr, Bauer, unb jenes schlechte
Weib? Mein Pferb unb meinen schmücken Leib soll kein Bauer an-
greisen!) „ , ^ r .
Eublich sprach ber Sohn: „Freilich bin ich Helmbrecht, emst war
ich euer Sohn unb Knecht." Der Vater sprach: „Ihr seid es nicht."
,,Jch bin es doch." — „So nennt mir erst die Namen meiner titer