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Die Hochzeilen der Dorfbewohner werden mit großem Jubel und 
Lärm gefeiert. Acht Tage vor der Trauung verlobt sich das junge Ehe¬ 
paar durch die Hand des Popen, und diese Verlobung ist unauflöslich. 
Bei der Trauung wird in der Kirche vor den Brautleuten ein heiliges 
Bild hergetragen, es wird ihnen dann ein Kränzchen aufgesetzt, und sie 
wechseln, wie bei uns, vor dem Altäre die Ringe, worauf sie mit vielem 
Kreuzmachen vom Geistlichen eingesegnet werden, nachdem sie zuvor aus 
Einem Becher getrunken haben. Nach Hause zurückgekehrt, reicht ihnen 
der Brautvater ein Brod mit etwas Salz, mit dem Wunsche, daß es 
ihnen nie an beiden fehlen möge. Nun wird geschmaust, gezecht, getanzt 
— oft mehrere Tage lang. 
In den Gebräuchen der Religion sind die Russen sehr eifrig. Man 
findet in jeder Stube, der Thür gegenüber, an der Wand eine Kapsel 
oder ein Schränkchen, worin sich das Bildniß desjenigen Heiligen befindest 
den der Hausherr zu seinem Schutzpatron erwählt hat. Gewöhnlich ist 
dieß der Ritter St. Georg, welcher den Lindwurm erlegt. Vor diesem 
Heiligenbilde, das zwei kleine Vorhänge bedecken, macht jeder Eintretende, 
noch vor der Begrüßung der Hausgenossen, seine Verbeugung und ein 
paar Kreuze mit den drei erftern Fingern der rechten Hand, begleitet von 
dem gewöhnlichen, in allen Kirchen unzählige Mal ertönenden Gospodi 
pomilui (Kyrie - Eleison). Die Männer entblößen dabei ihr Haupt, lassen 
es auch oft aus Hochachtung — nicht vor den Anwesenden, sondern vor 
dem Heiligen — unbedeckt bis zum Weggehen. Jene Verehrung empfängt 
der Heilige von allen Bewohnern des Hauses jeden Morgen und Abend, 
vor dem Essen, ja vor jedem Trünke. Bei wirklichen Zechgelagen machen 
sie sich aber von den Ceremonien frei, ziehen auch wohl die Vorhänge 
des Heiligenschreins zu, damit der Heilige nicht sehe, daß sie betrunken 
sind. Ueberhaupt wird jedes Heiligenbild, sei es in einer Mauernische 
oder auf einer Procession u. s. w., mit Bücklingen und Kreuzen begrüßt. 
Auch trägt jeder Russe und jede Russin ein kleines gemaltes Heiligenbild 
oder metallenes Kreuz, welches ihnen bei der Taufe umgehüngt wird, bis 
an den Tod auf der Brust, und orthodoxe Geistliche tragen Bedenken, 
einem Verstorbenen, bei welchem dieses Symbol seines Christenthums sich 
nicht findet, ein ehrliches Begräbniß zu gestatten. Vor diesem Heiligthum 
hat jeder Russe eine tiefe Verehrung, läßt sich aber dadurch nicht abhalten, 
nach seinem Gelüst zu handeln. Er braucht indessen die Vorsicht, das 
Kreuz oder das Heiligenbild jedes Mal, wenn er im Begriff steht, eine 
Endliche Handlung zu begehen, vorher abzulegen, so wie er den Stuben¬ 
heiligen zudeckt, damit dieser nicht Zeuge seiner bösen Thaten sei. Nach 
vollbrachter That wird das Bild wieder umgehängt und der Vorhang wie¬ 
der aufgezogen. Diejenigen Russen, welche an Sonn - und Festtagen die 
Kirchen nicht besuchen, unterlassen doch nie, ihre Hausandacht zu halten. 
Der Herr des Hauses tritt mit sämmtlichen Hausgenossen vor das Heili¬ 
genbild, vor welchem Lichter brennen. Man bückt und bekreuzet sich, ruft
	        
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