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es und weinten drei Tage lang. Dann wollten sie es begraben; aber
es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch und hatte noch seine
schönen roten Backen. Sie sprachen: „Das können wir nicht in die schwarze
Erde versenken,“ und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen,
daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein und e
mit goldenen Buchstaben seinen Namen eg und daß es eine Königs—
tochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und
einer von ihnen blieb immer dabei und bewachte ihn. Und die Tiere
kamen auch und beweinten Sneewitchen, erst eine Eule, dann ein Rabe,
zuletzt ein Täubchen.
Da lag Sneewitchen lange, lange Zeit in dem Sarge und verweste
nicht, sondern sah aus, als wenn es schliefe. Denn es war so weiß
wie Schnee, rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz. Es
h aber, daß ein Königssohn in den Wald geriet und zu dem ere
3 e kam, da zu übernachten. Er sah auf dem Berge den und das
chöne Sneewitchen darin und las, was mit goldenen Buchstaben darau
eschrieben war. Da sprach er zu den Zwergen: „Laßt mir den Sarg!
9 will Euch en was Ihr dafür haben wollt.“ Aber die Zwerge
antworteten: ‚,Wir geben ihn nicht um alles Gold in der Welt. Da
sprach er: „So schenkt mir ihn! Denn ich kann nicht leben, ohne Snee
witchen zu sehen. Ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes
Wie er sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleiden mit und
gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern
auf den Schultern foͤrttragen. Da geschah es, daß sie über einen Strauch
stolperten, und von dem Schüttern ur der gifig Mn den Snee
hn abgebissen hatte, aus dem Hals. Und nicht lange, so öffnete es
die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe und richtete sich auf
und war wieder lebendig. „Ach Gott, wo bin ich?“ rief es. Der Königs
sohn sagte voll Freude: „Du bist bei mir,“ und erzählte, was 51
uren hatte, und sprach: Ich habe dich lieber als alles auf der Welt
omm mit mir in meines Vaters Schloß! Du sollst meine Gemahlin
werden.“ Da war ihm Sneewitchen gut und ging mit ihm, und die
Hochzeit ward mit großer Pracht und rudei angeordnet.
Zu dem Feste wurde aber mn Sneewitchens gottlose Stiefmutter
eingeladen. Wie sie nun mit schönen Kleidern angetan hatte, twrat
sie vor den Spiegel und sprach:
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?“
Der Spiegel antwortete:
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier;
aber die junge Königin ist tausendmal schöner als Ihr.“
Da stieß das böse Weib einen u aus, und ward ihr so angst,
so angst, daß sie sich nicht zu lassen wußte. Sie wollte zuerst gar nicht
auf die Hochzeit konimen. Do e es ihr keine Ruhe; sie mußte fort
und die junge Königin sehen. wie sie hereintrat, erlannte sie Suee⸗
witchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konute sich An
regen. Aber es waren schon eiserne Pantoffeln über Kohlenfeuer gestellt